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Meeresbrise

von sabbatradler
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vorab: Mitten in Zhangpu (m)

Eine junge chinesische Mutter tritt mit ihrem etwa dreijährigen Jungen aus einer Bäckerei. Der Kleine lässt völlig unvermittelt einen Plastikbecher fallen, aus dem er eben noch getrunken hat. Es ist so ein Becher mit Aludeckel, durch den einfach ein Strohhalm gestochen wird. Jedenfalls bückt sich die Mutter sofort zu dem Becher hinunter. „Aha“, denke ich mir, „die neue Generation hat also dazugelernt. Der Müll wird nicht mehr so einfach auf die Straße geworfen. Es tut sich was in China!“ Die Mutter nimmt den Becher, schüttelt ihn. Nichts mehr drin! Sie wirft ihn schwungvoll in eine Ecke neben der Bäckerei.

20.03.2010 (k) Zhangpu – Volcanic Island Scenic Spot (Huoshandao): 60km, 250Hm

Wir sitzen auf blauen Plastikhockern an einem Zweiertisch und warten auf unsere Bestellung. Nein, du bist nicht im Tag verrutscht – jetzt ist Morgen, gestern war Abend. Friseur kommt keiner vorbei, ansonsten ist die Situation identisch. Nudeln haben wir bestellt – in Suppe werden sie kommen, das ist klar. Heute haben wir nicht extra dazu gesagt, was wir wollen und was nicht. Molle meint noch: „wehe, die bringen sie jetzt in einer Fischsuppe“ – Sekunden später steht vor jedem von uns ein großer Nudelsuppenpott, aus dem uns 8 Muscheln mit Gehäuse, viele kleine Schrimps und zahlreiche Nacktmuscheln anblinzeln. Luftlinie geschätzte 30 Kilometer vom Meer entfernt – kein Wunder, dass eine Brise auch unseren Frühstückstisch erreicht. Schmeckt aber lecker und nicht fischig, auch, wenn wir nicht alle Muscheln schaffen, denn die große Portion Nudeln nimmt ihren Raum im Magen ein. Dann machen wir uns auf, das Meer zu erreichen. Nach 45 Kilometern auf recht ruhiger, teilweise nicht asphaltierter Straße, durch Dörfer, Litschiplantagen und Laubbaummonokulturen erreichen wir den Fischerort Fotan. Die bunten Holzboote liegen bereits wieder ruhig auf ihren Plätzen im Fluss, der ins Meer mündet, doch in den Gassen und Straßen herrscht ein quirliges Treiben. Der Fisch will verkauft, die Muscheln wollen gepuhlt werden. Ungläubige Blicke folgen uns bei der Durchfahrt. Wir halten uns an die braune Touristenbeschilderung: Volcanic Islands Scenic Spot. Über einen Damm, der das Meer von den Zuchtanlagen trennt erreichen wir unser Ziel. Außerhalb des Bezirks steht ein kleines, günstiges Hotel, in dem wir sogleich ein Zimmer mit Balkon und Meerblick beziehen. Dann kaufen wir Tickets, um in die „Scenic Area“ hineingelassen zu werden. Auf einem mit roten Steinen gepflasterten Rundweg, der hin und wieder mit riesigen Plastikmuscheln, die auf dem englischen Rasen stehen, verschönert wurde, können wir über den Hügel laufen und die Aussicht auf die große Bucht und die wenige Kilometer entfernte Vulkaninsel genießen. Wir sind platt, als wir den Campingbereich entdecken – das hätte uns ja mal jemand sagen können! Doch hier stehen keine Zelte – stattdessen sind über das gepflegte Areal Luxuswohnmobile ohne Mobil verteilt. Sozusagen die Hinterteile von Sattelschleppern. Es scheint allerdings nicht Saison zu sein, keine der Behausungen ist vermietet. Am goldenen Strand, der mit schwarzem Vulkangestein durchsetzt ist, findet gerade ein Hochzeitsfotoshooting statt. Eine gute Wahl – die beiden weißen Figuren auf dem schwarzen Stein! Wir sehen eine Weile der Brandung zu, wie sie sich an den steilen Felsbrocken bricht. Ein toller Küstenabschnitt – nur lustig, dass man dafür in China Eintritt bezahlen muss. Na immerhin bekommt man englischen Rasen, ein paar Pavillons zum Lustwandeln, gepflasterte Wege und ein ungefähr ein halbes Jahr altes „ancient castle“ geboten. Außerdem wird mit vielen Hinweisschildern „be careful, this is really deep“ oder „dangerous“ für die eigene Sicherheit gesorgt. Aber, Spaß beiseite – der Flecken Erde ist wirklich schön und sehenswert. Und zurück im Hotelzimmer weht eine starke Meeresbrise vom Balkon herein, die uns daran erinnert, wo wir hier eigentlich sind! Phänomenal!

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