12.02.2010 (k) – De’an – Zhenyuan: 83km, 700Hm
Die Kälte klebt noch an den Menschen, die an der Suppenstube Schlange stehen, auf den Bus warten oder ihre Waren zum Markt schaffen. Tief über die Ohren werden die bunten Wollmützen gezogen, alte Männer haben hier sowieso den wärmsten Kopf, mit ihren Mützen, die aussehen wie Fellkappen aus Sibirien. Wie können die Langnasen hier nur schon in kurzen Hosen herumlaufen? Ist wirklich noch sehr frisch, obwohl schon 9.30 Uhr – wie erwähnt: gefühlte 8.30 Uhr. Wir sind an der Reihe – zweimal Selbstwürznudeln, bitte!
Wir rollen aus dem sympathischen Dorf mit seinen traditionellen Häusern, den bunten Türen und dem bilderbuchmäßigen Gerümpel davor. Der Markt ist schon im vollen Gange. Kauft neue Hosen! Wie wär’s mit einem Tigerluftballon? Nein, wir brauchen nichts dergleichen. Zwei kurze Anstiege wärmen uns von innen, bevor wir eine tolle Abfahrt bis in den nächsten Ort genießen dürfen. Die Landschaft ist wirklich sehr malerisch hier. Damit es nicht eintönig wird, windet sich die Straße über im Weg stehende Hügel, links und rechts schmeicheln sich dicht bewaldete Berghänge an die bewirtschafteten Felder. Die rote Erde, das saftige Grün auf den Terrassen, der stahlblaue Himmel und der Wind auf der Nase – juhu!
Die nächste Abfahrt wirft uns hinunter in das Tal des Babian Flusses, der hier nach Osten im 90° Winkel verschwindet. Wir klemmen uns an seine Seite und folgen ihm bis Zhenyuan flussaufwärts – immer schön auf und ab mit vielen Kurven. Zuerst ist das Tal noch so breit, dass Dörfer und Felder Platz haben. Überall neben der Straße liegen tote rote Schoten im Graben. Das sind wohl die, die ausgemustert wurden. Hier wird schwerpunktmäßig roter Paprika angebaut, der gerade zu seiner Höchstform aufgelaufen ist und laut „ernte mich!“ schreit. Zum Mittagessen bestelle ich auch gleich diese roten Dinger sowie Schweinefleischstreifen mit Zucchini und gebratenes grünes Stängelgemüse. Wir bekommen Zucchini mit roten Chili, Schweinefleisch mit ein paar Paprikastreifen und Tofu mit Dipsauce geliefert. Ja immerhin sind sie hier kreativ.
Auf neunzehn Kilometer windet sich der Babian dann zwischen den Gebirgsrücken, die auf Tuchfühlung gegangen sind, hindurch. Die Straße tut es ihm gleich. Wir flitzen durch die Schlucht, der Rückenwind hilft uns. Als wir eine Kaffeepause einlegen, hält ein blauer Polo mitten auf der Straße. Der Fahrer steigt aus und wir unterhalten uns eine Viertelstunde. Der Polo hat uns gestern überholt und ist uns aufgefallen. Das sagt auch der nette Herr. Er habe uns gestern schon gesehen. Frau und Kind sitzen im Auto und hören zu. Sie sind aus der Gegend und haben nur einen Ausflug gemacht. Zum Abschied noch ein Handyfoto mit uns und dem Sohn sowie die Handynummer. Xiexie, gute Fahrt.
In Zhenyuan fällt die Wahl des Hotels mal wieder nicht ganz leicht. Der Ort scheint voller solcher Bauten zu sein. Alle paar Meter tut sich ein neuer Klotz auf, nett sind sie überall, die Preise gleich billig und die Qualität sehr gut. Für 8 Euro checken wir in ein Doppelbettzimmer mit Zockertisch ein. Brauchen wir nur noch zwei Leute, die mit uns um Geld spielen. Hm, keiner da!
Na denn gehen wir halt mal wieder essen! Vielleicht gibt’s rote Schoten.