23.10.2009 (m) – Lugu Hu – Ninglang: 93km, 1700 Hm
Wieder wurde am Abend und in der Nacht eine wilde Party mit chinesischen Touristen in den Räumlichkeiten des „Shangri La Hotels“ gefeiert. Gegen Morgen, wenn dann alles ruhig ist, hat man oft das Gefühl, besonders gut zu schlafen. Dann klingelt aber leider schon der Wecker…das „Schicksal“ des Reiseradlers. Raureif liegt auf dem Gras vor unserem Bungalow, als wir die Packtaschen müde die fünf Stufen zum Hof hinunter tragen. Der Himmel ist stahlblau. Der Lugu Hu liegt ruhig vor uns, im Morgenlicht entfaltet er wieder neue Reize. Diese können wir noch ausgiebig genießen, denn die Straße Richtung Ninglang führt einmal fast ganz um den See herum. Zunächst flach, so dass wir locker auf Höhe des Sees dahin kurbeln. Am Straßenrand sind die alle paar Kilometer auftauchenden Dörfer heraus geputzt, es wir renoviert, wo noch Bedarf ist. Die Zeichen stehen hier voll auf Tourismus! Das erkennt man auch an der Straße, die so gut wie neu geteert ist. Bald schon nähern wir uns dem hügeligeren Teil des Sees und es versteht sich von selbst, dass wir ab jetzt fester in die Pedale treten müssen, um einige giftige Anstiege zu bewältigen. Diese werden aber, sobald absolviert, von tollen Ausblicken auf den See gekrönt. An einer Abzweigung ändert sich das Bild schlagartig. Nichts mehr zu sehen von Asphalt, stattdessen eine Buckelpiste nach altrömischem Vorbild. Faustgroße Steine sind schön artig nebeneinander und Reihe für Reihe in den Erdboden eingearbeitet. Das muss die alte Straße sein. Und je weiter wir voranhoppeln, desto größer wird die Zahl der Straßenarbeiter und Baufahrzeuge. Die Anstiege bleiben natürlich. Wir schlucken mal wieder eine Menge Staub und die frisch gewaschenen Sachen von gestern…na, Schwamm drüber. Satte zwei Stunden brauchen wir für die gut 20 Kilometer. Und die Hauptarbeit des Tages wartet noch.
Nach Luoshui, dem letzten Ort am See, steigt die Straße in steilen Serpentinen durch den schönen Kiefernwald an. Ein Traumsträßchen! Kaum Verkehr, guter Belag und hie und da ein schöner Blick zurück auf den Lugu Hu. Schnell gewinnen wir an Höhe und…hier in China sollte man sich nie zu sicher fühlen. Plötzlich, ganz unvermittelt, hat uns die „Römerstraße“ wieder. Über 200 Höhenmeter müssen wir uns noch nach oben arbeiten. Und leider ist die Straße am Pass auf 3350m noch nicht überstanden. Weitere zehn Kilometer rattern wir nach unten. Höchste Konzentration ist gefordert, so dass die Blicke auf die wunderschöne Landschaft während der Fahrt kaum möglich sind. Immer wieder müssen wir aber stoppen, um das Gepäck neu zu sichern, so stark rüttelt und schüttelt es uns durch. Gottseidank verschwindet das Steinpflaster aber dann auch wieder und eine normale, zügige Abfahrt kann folgen. Kurz durchfahren wir eine besiedelte Ebene, ehe uns ein kleiner Pass wieder um 270 Hm auf 2800m bringt. Die folgende Abfahrt fällt ein bisschen länger aus, so dass wir in den vielen Kurven schöne Ausblicke auf die bewaldeten Berge und tiefer liegenden Felder und Beete mit der roten Erde werfen können. Nochmal folgt eine Serpentinenstraße nach oben – mit 250Hm der letzte größere Anstieg für heute. In einer langen Abfahrt nähern wir uns Ninglang, das wir schon zeitig am Talende liegen sehen können, aber erst nach gut zehn Kilometern durch die Ebene, vorbei an vielen Häusern, Höfen und Werkstätten, erreichen. Obwohl die Sonne bald untergeht, ist es immer noch warm. Das ist schön und wir hatten uns das ja an den kalten Tagen im Grasland so sehr gewünscht. Zusammen mit dem Abendlicht ergibt sich eine freundliche Stimmung, die auch von den Bewohnern, die von der Arbeit nach Hause kommen oder vor ihren kleinen Anwesen sitzen und schwatzen, widergespiegelt wird. Auffallend freundlich lächeln die Menschen einen an und das ändert sich auch nicht, als ich vor dem Hotel sitze und warte, bis Katrin die Formalitäten geklärt hat. Ich beobachte das Treiben auf der Straße und habe das Gefühl, die Leute freuen sich, dass wir uns die Mühe gemacht haben, hierher zu strampeln.