Auf zum Tian Chi

03.09.2009 (m) –  Ürumqi – Himmelssee: 97km, 1600 Hm

Der Wecker läutet unbarmherzig um 7.00 Uhr. Mürrisch rollen wir aus den Betten und verstauen unsere Habseligkeiten in den Packtaschen. Schlaftrunken wackeln wir zum Aufzug, der erst einige Fahrten machen muss, bis er mal nicht mit chinesischen Touristen gefüllt ist, so dass unsere Sachen nebst uns darin Platz finden. In der Hotellobby schrauben wir noch schnell unsere stylischen Schutzbleche an, dann satteln wir unter vielen interessierten Augen vor dem Hotel auf. Wir erleichtern den Bankomaten noch um einige Hunderter, schließlich fahren wir ja nun in die Pampa.

In der kühlen Morgenluft folgen wir immer der Hauptstraße nach Norden. Laut Stadtplan soll sie uns direkt aus der Stadt heraus auf den Highway nach Fukang führen. Der Verkehr hält sich in Grenzen und so lässt es sich doch angenehm fahren. Irgendwo in einem Vorort machen wir kurz halt, um uns mit frischen Bouze vom Straßenrand zu versorgen. Sie sind dampfend heiß und munden lecker. Irgendwann sind wir dann – nach einigen Umwegen durch Vorstadtsiedlungen auf der Autobahn. Sie ist bestens ausgebaut, hat einen breiten Seitenstreifen und ist kaum befahren. In diesem Fall eine ideale Radstrecke. Man kann sich nicht verfahren, hat genug Platz und einen tollen Fahrbahnbelag.

Wir sind ja noch nicht lange in China, aber eines haben wir schnell bemerkt: der Vorrat an Arbeitskräften scheint unerschöpflich. In jedem Geschäft stehen sich Unmengen an Angestellten die Beine in den Bauch, haben Spezialaufgaben wie Eingangsbereich wischen, vor dem Laden jedes kleinste Teil wegfegen o.Ä. Und auch auf der Autobahn sieht man zahlreiche Arbeiter, die Unkraut jäten, mit Sicheln den Straßenrand „mähen“, die Leitplanken abschleifen, mit großen Hämmern wieder ins Erdreich treiben und diese dann lackieren. Eigentlich fährt man kaum einen Kilometer, ohne jemanden arbeiten zu sehen. Was die Menschen wohl denken, wenn sie uns so fahren sehen?

So legen wir Kilometer um Kilometer zurück, mal lange Steigungen, mal langgezogenen Abfahrten, immer durch wüstenähnliche Landschaften, in der Ferne die Bergkette des Bogdan Shan. Mal eine Herde Kamele, mal eine Fabrik mit rauchenden und stinkenden Anlagen. Nach 65 km verlassen wir die Autobahn über eine üble Baustelle – wir tragen die Räder einen Abhang hinab – um in die Stadt zu gelangen. Hier wird Brot und Wasser gekauft, ehe wir uns den Schildern folgend zum Himmelssee aufmachen. Direkt nach dem Abzweig steigt die Straße an, zwar nur gemächlich, dafür konstant. Ist eigentlich nur logisch, da auf den nächsten 36km auch 1500 Hm zurückzulegen sind. Schleppend geht es voran. Wir haben nach den langen und radfreien letzten Wochen noch Pudding in den Oberschenkeln und so wird der Anstieg zum See ein Härtetest für die Willenskraft. Die endlos langen Geraden, die optisch kaum eine Steigung haben, zermürben auf die Dauer sehr. Wir sind froh, als wir gegen 18 Uhr endlich den Parkplatz unterhalb des Sees erreichen. Ab hier schraubt sich die Straße über 5km in wunderschönen Kehren nach oben. Als wir den Kontrollposten erreichen, wird uns die Weiterfahrt verwehrt. Es sei zu steil und vieeeeel zu gefährlich. Wir würden mitsamt der Räder umfallen. Nein, das ginge keinesfalls. Wir müssten Shuttle fahren. Ich mache der Dame klar, dass wir den Bus für noch gefährlicher halten, wir aus den Bergen in Deutschland kommen und sowas kein Problem ist und wir außerdem warten könnten, bis der Kontrollposten Feierabend macht und wir eben dann führen. Ich zeige dem strengen Kopfschüttler noch meine drei Ritzel vorne und meine Oberschenkel (wobei das sicher das schlechteste Argument gewesen sein dürfte) – jedenfalls muss er lachen und wir können schließlich passieren. In der Abendsonne genießen wir die wunderschöne Passstraße, die herrliche Ausblicke ins Tal und auf die umliegende Landschaft bietet. Gegen 19.30 Uhr sind wir am Tian Chi angelangt, der von hohen, schneebedeckten Bergen umrahmt in der Abendsonne vor uns liegt. Das ideale Fotolicht! Wir suchen einen Platz für unser Zelt und finden diesen auf einer kleinen Terrasse, ganz eben und mit schönem Seeblick. Katrin fragt die „Besitzer“ um Erlaubnis. Sie erklären sich einverstanden. Sie vermieten, wie viele Kasachen am und um den See, einige Jurten und haben ein kleines Restaurant ca. 50m von unserem Zeltplatz entfernt. Wir ordern Suppe und bekommen eine riesige Schüssel mit leckerster Nudelsuppe, die uns mit Kohlehydraten versorgt und uns außerdem wärmt. Es ist unterdessen empfindlich kalt geworden, hier auf fast 2000m. Wir machen noch ein paar Fotos vom Vollmond über dem See, kriechen dann aber ins Zelt, was uns nach der Anstrengung und wegen der Temperaturen als überaus gute Idee erscheint.

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