Barcelona

Barcelona

9.45 Uhr morgens, wir betreten (nach dem Frühstück im Zug – 5 Sterne oder Standard fragten wir uns) den Bahnsteig 1 der katalanischen Hauptstadt. Leise hört man Trommeln schlagen, der Bahnhof ist extrem ruhig, die Luft angenehm warm, …buenos dias …. Oder wie soll das auf Catalan heißen? Keine Ahnung.

Schon rollen wir hinaus auf die ebenfalls extrem wenig befahrene Straße. Wir wundern uns, ob es am Samstag liegt, dass kaum ein Auto fährt – aber es gefällt uns. Diesen ruhigen Empfang hatten wir nicht erwartet von dieser als „gefährlich“ bzw. zumindest als „zum Radeln gefährlich“ titulierten Metropole. Dementsprechend beschwingt und euphorisch finden wir ganz ohne Falschfahrt unser Hostel „Centric Point“ in der Passeig Gracia etwas nördlich der Catalunya Plaza. Einchecken erst ab 11.00 – das heißt: rein ins gegenüberliegende Tapaslokal und erstmal eine „fluta“ mit Serranoschinken und einen Kaffee konsumiert.

Wir teilen das Zimmer mit 2 weiteren Leuten, die wir bis dato nicht kennen. Schnarchende, rotzende oder schweißfußstinkende Rasta-Long-Term-Traveller malen wir uns aus – weshalb wir auch gleich vor dem ersten Erkunden der Stadt unseren Spind mit den Wertsachen mit einem unserer Fahrradschlösser unantastbar machen. Das Hostel macht einen guten Eindruck – das Haus ein altes 7-stöckiges Stockhaus – auf der Dachterrasse eine kleine Kneipe mit Blick auf die Dächer von Barca.

Draußen schwindet langsam die Kühle des Vormittags. Blauer kann ein Himmel nicht sein, während wir über die vielbesagte Rambla Richtung Hafen cruisen. Die Schausteller, Händler und Halunken der Rambla lassen wir links liegen, wir bevorzugen die Straße – da auf der ja noch immer fast niemand fährt.

Das Meer! Direkt vor uns – man könnte mit etwas Schwung vom Mirador de Colom auf die Balearenfähre schanzen! Wir atmen die salzige, warme Mittelmeerluft und lassen uns entlang des Yachthafens nach Osten Richtung Strände gleiten. Für die Menschen scheint es kein Problem zu sein, sich sicher zwischen den Radlern, Inlineskatern und kinderwagenschiebenden Müttern zu bewegen.

Die bereits beim Aussteigen aus dem Zug vernommenen Trommelklänge nehmen zu und mischen sich mit Blechbläsersound: wir geraten in einen Aufmarsch verschiedenster Streetbands aus Barcelona und Umgebung, die in einem bunten Treiben aus Tänzern mit Wimpeln und sonstigen Gegenständen bewaffnet, Trommlern und Bläsern durch die Bareloneta ziehen. An bestimmten Stellen darf sich immer eine Gruppe aufstellen – ein Lied lang Vollgas geben und dann trommelnd und tanzend weiterziehen.

In einem von Indern betriebenen Supermarkt kaufe ich Erfrischungen und wir begeben uns ein Stündlein hinein in die Welt aus Samba und regionaler Blasmusik.

Wieder einmal sind wir so froh über unsere Fahrräder – wahrscheinlich wären wir ohne sie am heutigen Tag nicht einmal bis zu den Trommelnden Blasmusiktänzern gekommen – so aber geht unsere Erkundungsfahrt weiter. Nach wenigen hundert weiteren Metern durch das Viertel stehen wir plötzlich am Platja Barceloneta – wow! Menschenmengen tummeln sich im Sand und im Wasser! Grünblaue Wellen schlagen auf – Wind mittleren Grades macht die Sonne erträglich. Wir sind begeistert über so einen genialen Stadtstrand und fahren den Passeig Maritim hinunter um noch mehr Strände zu bewundern.

Jetzt bereuen wir, für unsere Erkundung keine Badehose eingepackt zu haben … zu sehr lockt das leuchtend grüne Nass!

Nun denn geht es weiter – so langsam knurrt der Magen und das Gotische Viertel gilt als Tapas-Hochburg! Vorher besichtigen wir aber noch den großen „Tampon“ der aus der Mitte der Stadt hervorsticht – wahrscheinlich ein architektonisches Meisterwerk mit seinen bunten Farben hinter der Fassade – für uns ist es aber doch nur der Tampon mit dem Namen „Torre Agbar“. Schaut schon gut aus, da lässt sich nichts sagen! Weiter lenkt uns unser Blick zu den verspielteren Türmchen der Gaudi Kathedrale „Temple de la Sagrada Familia“. Busse stehen in Reihe und Glied, Gruppen marschieren erhobenen Knirpsen nach… wir machen eine Umrundung, doch leider ist im Moment mehr verhüllt (Gerüste, Kräne) als sichtbar. Die Sonne brennt, die Schlange der Wartenden windet sich über den schmelzenden Asphalt – der Eintritt klingt stolz…die Kulturbanausen räumen mal wieder das Feld.

Genug gesehen – wir hören die Tapas rufen. Wir sehen sie sogar schon: eine stylische Kombination aus Bar und Restaurant zieht uns hinein – vielmehr die bis außen sichtbaren prall gefüllten Teller mit Weißbrotscheiben belegt mit teilweise originellen Kreationen (Tortillastücke, diverse Cremes, Anchovis, und mein Favorit: Ziegenkäse mit grünem Dip darauf gesprenkelt mit Nüsschen!). Etwas unsicher stehen wir länger an der dunklen Holztheke, versuchen uns erst Mal mit Pinkelgang abzulenken … wie soll das denn hier funktionieren? Stopft jeder so viele Brötchen wie er nur kann und haut dann ab? Die anderen Gäste scheinen zumindest ersteres zu machen und greifen ständig die feinsten Dinge von den Tellern, die ständig nachgeliefert werden. Ich frage eine Touristin (ich: „english or german?“ – sie: „englisch“ … später höre ich sie aber einen eher südalpenländischen Schmäh sprechen… naja stimmt eigentlich ist das ja wirklich kein deutsch!“) – sie erklärt, dass man einen leeren Teller ordern muss, dann soviel isst wie man möchte und am Ende bezahlt. Nachdem mir ein längliches Holzspießchen fast den Rachen durchbohrt hat ist mir auch klar wie: man hebt die Hölzchen auf und am Schluss wird abgerechnet: pro befreitem Holz 1,80 Euro. Dazu ein Cidre bzw. ein „Got Vin Negre“….Diese Stadt gefällt uns!

Zurück im Hostel treffen wir unsere Bettnachbarn an. Zwei britische Mädels so Mitte 30. Auf einem Kurztrip „for the beach“ – heute eingeflogen aus UK. Gut, die werden wohl eh die halbe Nacht partymäßig unterwegs sein, denken wir uns. Nach einem Bier auf der Dachterrasse und etwas ausruhen hüpfen wir wieder auf die Räder, beobachten am Hafen das Finale der Boulder, cruisen noch etwas herum und verbringen die Zeit mit der Suche nach einer „berühmten originalen Tapashölle“ … letztlich finden wir sie auch in einer versteckten Seitengasse – gerammelt voll mit hungrigen und schwitzenden Menschen. Unter einem gemütlichen Abendessen stelle ich mir etwas anderes vor – mir schwant Fürchterliches: es könnte passieren, dass ich zwischen all diesen Menschen versinke und nichts zwischen die Zähne bekomme! Oh nein, das darf nicht passieren. Ich kann Molle überzeugen, dass da nicht der richtige Ort für uns schüchterne Geschöpfe ist und wir ziehen weiter ins „Gotische“, wo wir zu unserer Freude eine andere tolle Tapasbar finden, die ein leckeres Hausgetränk anbieten (Sangria-like) und tolle Brötchen anbieten. Nach einigen Bissen stellen wir fest, dass es wohl eine Zweigstelle der heute Mittag besuchten Bar handelt – denn die Tapas sind genau die gleichen…eine Kette etwa? Egal, ist eine gute jedenfalls. ^

Den Ausklang des Abends bildet ein Hock auf der Steinbank auf der Straß vor dem Hostel. Leute beobachten. Das könnte man stundelang, doch gegen 1 ist Schlafenszeit. Morgen muss weiter erkundet werden!

 

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