Besichtigungstour

22.11.2009 (k)

Gestern Abend haben wir gerade noch Karten ergattern können für die einzige Sonntagsvorstellung des „Thăng Long Waterpuppet Theatre“

Das Wasserpuppentheater (Múa Rối Nước) gibt es nur in Vietnam. Seit dem 11. Jahrhundert gehört es zum kulturellen Leben des Landes, war aber zwischenzeitlich fast ausgestorben und wurde von den Franzosen wieder zum Leben erweckt. Die Zuschauer werden musikalisch von einem kleinen Orchester begrüßt, das die ganze Aufführung begleitet. Die Bühne besteht aus einem Wasserbecken, das Orchester sitzt vom Publikum aus gesehen links oberhalb. Für uns Zuschauer unsichtbar stehen die Wasserpuppenspieler hinter einem Bamusvorhang. Von dort bedienen sie über lange Stangen die Puppen, die man dann auf der Wasseroberfläche agieren sieht. Wir fühlen uns etwas an unsere Radtage im Nordwesten erinnert, denn vor unseren Augen spielen sich Szenen aus dem Landleben ab, wie wir sie beobachten konnten: Fischfang, Büffelreiten oder ein rauchender Bauer. Außerdem sind mystische Tänze von Löwen und feuerspeienden Drachen zu sehen sowie die vier heiligen Tiere: Phoenix, Einhorn, Drache, Schildkröte. Es ist sehr nett gemacht und mit einer Stunde auch nicht langatmig.

Kaum aus der Vorstellung entlassen, schnappen wir uns ein Taxi, das uns zum Ho Chi Minh Mausoleum bringt. Das Mausoleum steht in der Nähe des Platzes, an dem Hồ Chí Minh am 2. September 1945 die Unabhängigkeitserklärung öffentlich verlas. Da der alte Ho ab 11.30 Uhr geschlossen ist sind wir etwas in Eile. Nachdem wir es geschafft haben, uns in der richtigen Art und Weise anzustellen (Taschen und Kameras abgeben, Zweierreihe bilden, Haltung einnehmen, Hände neben dem Körper herabhängen lassen, Mund halten!) dürfen wir den anderen Touristen durch die Halle folgen, wo sein einbalsamierter Leichnam gegen seinen Willen ruht (er wollte, dass seine Leiche verbrannt und die Asche in Nord- Mittel und Südvietnam verteilt wird). Von Soldaten in weiss wird penibel auf die Einhaltung der würdevollen Haltung, die Zweierreihe und den fortlaufenden Strom geachtet, zwei arme Burschen müssen gar permanent in der kalten Kammer neben dem Glassarg strammstehen. Ich frage mich, wie lange ihre Schicht wohl ist. Ausserdem male ich mir aus, wie sie reagieren würden, wenn Molle plötzlich seine Kamera zücken wuerde, die er unter seiner Jacke hängen hat, und ein Blitzfoto schießen. Aber für Gefängnisaufenthalte haben wir doch keine Zeit und so schlurfen wir andächtig an der blankpolierten Leiche (wird jeden Oktober restauriert) vorbei. Vielleicht war es doch nur eine Wachspuppe?

Auch seinem Wohnhaus (im traditionellen Pfahlbaustil erbaut) und seinen drei alten Autos statten wir noch einen Besuch ab, ehe wir uns wieder so unpolitischen Dingen wie Mittagessen zuwenden. Wobei, wir besuchen das Koto (Know one teach one) – ein non-profit Restaurant, das benachteiligten Kindern und Strassenkindern eine gastronomische Ausbildung bietet und sie unterstützt, ihr Leben auf eigenen Füßen erfolgreich aufzubauen. (www.koto.com.au) Insofern doch politisch – und lecker.

Von der Dachterasse sehen wir direkt in die nächste Sehenswürdigkeit Hanois, den Literaturtempel. Wir statten ihm im Anschluss einen Besuch ab, er ist nett, doch mit dem typischen Charme eines Chinesischen Tempels reißt er uns auch nicht vom Hocker. Es gibt ein paar nette Bonsais.

Auf dem Weg zurueck in die Stadt beobachten die anderen gerade eine Fahrradreparatur, als mich erneut eine „Studentin“ anspricht. Als sie ihren deutschen Zettel und ihr Sammelbuch aus ihrer Handtasche ziehen will, sage ich ihr, dass ich bereits 200000 für diesen Scheiß gezahlt habe und noch vor ich ausreden kann, ist sie wieder hinter ihrem Macker auf dem Motorrad verschwunden. Tja, so einfach gehts, man muss es halt wissen.

Über die Werkzeuggasse (Schmiere wird hier in grossen Töpfen offen verkauft und sieht aus als wäre sie essbar), vor dessen Angebot an Werkzeugen und Kleinteilen wahrscheinlich sogar Vottas Werkstatt kapitulieren muss, den Vogelmarkt und die Sargbauergasse führen wir unsere neuen Reisepartner ins „Chill Out“, deren Betreiber sich sehr freuen, uns wieder zu sehen. Es ist aber auch wirklich so chillig hier.

Zum Abendessen wählen wir auch bereits bekanntes Terrain und lassen uns von den Spezialitäten des Tandoor Restaurants in den indischen Himmeln führen.

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