Bin ich etwa schon drin?

31.01.2010 (m) „Visa-Run“ nach Tachileik

Rot, unbarmherzig, exakt, 31.01.2010! So prangt der Stempel in unserem Pass. Und das bedeutet, wollen wir nicht umgerchnet 10€ pro Tag fürs „Überbleiben“ (Overstay) berappen, dass wir heute wohl mal besser das Land verlassen. Aber wir kommen wieder, keine Frage…und zwar sehr bald.
Wir rollen also die schnurgerade Straße hinab. Die immer dichter werdende Geschäfts-,Restaurant-,Ständedichte kündigt die nahende Grenze zu Birma an. Ziemlich unvermittelt steht man dann an der „Immigration“, wo man ohne viel bürokratischen Aufwand den Ausreisestempel der thailändischen Behörden im Pass hat. Eine kleine Brücke über den Grenzfluss, auf der lustigerweise genau in der Mitte die Fahrspur gewechselt werden muss (in Burma herrscht Rechtsverkehr), führt auf einen großen Bogen zu: Union of Myanmar. Vor gut sieben Jahren waren wir ja schonmal für 30 Tage in diesem Land. Natürlich kommen all die wunderbaren Erinnerungen an damals wieder hoch: die unglaublich netten Menschen, die vielen Stunden auf den kleinen Plastikhockern in einem der zahlreichen Teehäuser, die Cheroots, die goldenen Pagoden, und, und, und…
Der strenge burmesische Grenzbeamte sagt nicht viel, nur: „Passport“ und „Money“!! Immerhin kostet das ganze Prozedere, um eine Tagespass für Tachileik – nicht für ganz Burma – zu erhalten, zehn Dollar. Und genau darum geht es dem Grenzer vor allem! Aber gut, so läuft das Spiel eben. Der Pass bleibt als Pfand da, nicht dass noch einer auf die Idee kommt sich ins Land abzusetzen (dazu später mehr). Jedenfalls ist es nicht Burma, was einen da nach dem Grenzübertritt empfängt. Vielmehr mutet es sehr thailändisch an – ja sind wir jetzt drin oder draußen oder beides oder was? Wenn man genau hinsieht, findet man natürlich Männer in den traditionellen Longyjs (Wickelröcke für den Mann), die lustige Kringelschrift, die noch lustigeren Schilder „please provide necessary assistance to the international traveller“, Teehäuser (leider nicht voll debattierender Burmesen, sondern voll von Fernseh schauenden Asiaten) und Myanmar Beer-Schilder (zu kaufen gibt es aber nur das thailändische Singha)…eben alles nicht wahnsinnig burmesisch hier. Trotzdem überkommt einen, gepaart mit den Erinnerungen die Lust, auf Grenzen und Grenzbeamte, Pässe und Vorschriften zu sch… und einfach in die angrenzenden Hügel zu starten und das Land vom Sattel aus zu erobern. Es könnte so einfach, so schön sein – vielleicht in einigen Jahren, wenn ein paar Gipsköpfe an der Staatsspitze schlauer (unwahrscheinlich) oder tot sind und deren Nachfolger nicht an den gleichen Schmarrn glauben und selbigen verzapfen. Bis dahin gilt leider: bis hierher und nicht weiter. Nämlich genau zwei Kilometer am Fluss entlang. Kurz flammt sowas wie „radeln in Burma“ auf, kleine Hüttchen am Wegesrand, badende Männer im
Fluss, spielende Kinder, Frauen mit der traditionellen Paste als Sonnenschutz auf den Backen…Straßensperre, Stacheldraht, Kontrollposten, Militär! Ende des Ausflugs, auf Wiedersehen Burma! Zurück zur Hauptstraße, bis zur Mitte der Brücke, Wechsel nach links, Bürokratiezeremonie, sawadsee khap, nochmal 15 Tage dürfen wir im Königreich bleiben – wenn wir wollen. Mal sehen, wann wir ein Schiff nach China bekommen.
So viel Grenzverkehr macht hungrig und so suchen wir ein chinesisches Restaurant auf, das Yunann-Spezialitäten auftischt. „Solly, no haep table!“. Ja wie, das ganze Lokal ist leer. Um jeden der runden Tische stehen gut zehn bis zwölf Stühle. „Maybe later?“, frage ich. Er hält nochmals kurz inne, ist da nicht noch ein ungedeckter Beistelltisch? Dahin werden wir gesetzt und wissen eine Viertelstunde später auch warum. Massen von jungen Touristen einer Reisegruppe entern die Lokalität und bekommen sogleich Unmengen an Leckereien aus der Küche aufgetischt. Vor der Tür zig silberne Minibusse (für Insider: Busmafia) und jede Menge Guides, einige davon mit Megafonen, die sie dazu einsetzen Ansagen zu machen und drängen, zügiger zu essen. Scheint ein strammes Programm zu sein. Immerhin haben wir die Gruppe vorher auch schon bei der „Shwedagon Pagoda Tachileik“ gesehen, dem kümmerlichen Bruder des prachtvollen und geschichtsträchtigen Baus aus Rangun. Aber dem Burma-Kurz-Besucher muss natürlich auch eine der landestypsischen Pagoden präsentiert werden.
Also jedenfalls haspeln die jungen Leute die Frühlingsrollen, den Fisch, das Morning Glory und andere Happen und Häppchen in sich hinein und verdrücken ein paar Fruchtscheibchen auf dem Weg zurück in die Busse.
Auf diesen Schock hin gibt’s erstmal ein Tässchen Braunen mit Brownie in einem nahen Café. Mission erfüllt, alle Einheiten zurück zum Hotel. Beim Büro von „Maekhong Delta Travel“ erfahren wir, dass morgen ein Boot nach Jinghong gehen würde – das ist uns aber einen Tick zu rasch, müssten wir doch sofort nach Chiang
Saen und dann in aller Frühe um Fünf einchecken. Wir haben doch eben erst das neue Visum für Thailand bekommen. Na hoffen wir mal, dass noch ein paar Schiffchen fahren in den nächsten 14 Tagen…
Den Rest des Tages verbringen die Strategen und Planungsmeister vor den Karten und bei den Freunden
von Google&Co.
Für die abendliche Unterhaltung und kulinarische Verorgung nutzen wir erneut das benachbarte Restaurant. Das Essen mundet wieder vorzüglich, die Band kennt uns schon und spielt uns zu Ehren gleich drei englische Songs in Folge. Im Laufe des Abends kommen wieder viele Thai, trinken Bier, Wein, Whiskey, essen, lachen, klatschen, schauen Fußball… keine zwei Kilometer von hier ist die Grenze zu einem wunderbaren Land, leider haben dessen Bewohner aber das Pech, auf der falschen Seite des Flusses zu wohnen. Irgendwie hatten wir das in letzter Zeit öfter, dieses unmittelbare Nebeneinander von arm und reich – gerecht ist anders.

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