24.08.2011 (m) – Bari – Mola di Bari (25 km), Zug bis
Die Reisepartner geben sich die Klinke in die Hand. Schon am Freitag fliegt Matthias in Bari ein. Er würde so gerne die Trulli-Häuser 50 km weiter südlich sehen und so beschließen wir, schon mal in die Richtung zu fahren und dort auf ihn zu warten. Bari hat uns sehr gut gefallen, wir sind auf der Suche nach Handykarten und einer typisch, einnheimischen Mittagsmahlzeit (fanden wir dann auch: BariTavola) viel durch die schachbrettartig angelegten Straßen gecruist. Ziemlich unaufgeregt alles, sehr angenehm.
Auf immer breiter werdender Straße kämpfen wir uns in großer Mittagshitze nach Süden vor. Und was wir sehen, trübt unsere Stimmung immer mehr ein. Müll an den Straßenrändern sind nur der Zierrat einer Kulisse, die einen in Endzeitstimmung versetzt. Alles sieht aus, als hätten die Menschen alles vor langer Zeit verlassen. Haben sie aber nicht. In alten, zerfallenden Häusern hausen Flüchtlinge, Strandbuden, Restaurants und Bars bröckeln, jedoch ohne Charme. Schilder sind vom Rost durchlöchert, Fahnenfetzen, gebeutelt von Wind und Wetter scheinen dem Besucher zum Abschied zuzuwinken. Willkommen im Mezziogiorno, dem schon immer vernachlässigten, armen Süden Italiens.
In dieser Kulisse bewegen wir uns zwischen Strand und Autobahn. Meine Motivation sinkt mit jeder Pedalumdrehung mehr, bis ich in Mola die Bari die Fassung verliere und zum Bahnhof will. So super können die Trulli-Dörfer gar nicht sein, als dass ich hier mehrere Tage verbringen möchte. Katrin wehrt sich noch ein bisschen, hat aber gegen meine Stimmung keine Chance. Als wir am Bahnhof die Tickets glücklich in der Bar (gleichzeitig auch Verkaufsstelle) erstanden haben, Tüten wir die Räder ein und warten.
Da spricht uns ein Afrikaner an. Wir kommen ins Gespräch, in dessen Verlauf er uns einen kurzen Abriss seiner Lebensodyssee gibt. In sieben europäischen Ländern war er bereits, seit er vor drei Jahren in einem der Flüchtlingsboote aus Lybien in Lampedusa strandete. „Italy is not good. No work, people don’t speak english. Very bad for me.“ Er lobt das Leben in der Schweiz und Deutschland. Hier würde man für Arbeit noch gut bezahlt, man könnte am Leben teilhaben. Leider bekommt er jedoch nirgends eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis und so wird seine Odyssee wohl noch lange weitergehen. Hoffentlich verliert er nicht die Hoffnung und hoffentlich erhält eine echte Chance, etwas aus seinem noch jungen Leben zu machen. Wir haben auf dieser Reise durch die Randgebiete Europas gelernt, dass das Jammern im reichen und schönen Mitteleuropa verboten werden sollte. Noch leben die meisten dort wie im Paradies! Noch…
Unter größten Anstrengungen hieven wir die Räder in den Zug, steigen in Bari unter noch mehr Anstrengungen um und landen völlig aufgelöst im Zug nach . Dort kommen wir um 18:30 Uhr an, 20 Kilometer bis zum Camping am Meer stehen noch auf dem Programm. Der Weg dorthin wird, der untergehenden Sonne entgegen, wunderschön. Die Gegend ist landwirtschaftlich geprägt, wirkt deutlich gepflegter also noch 100 Kilometer weiter südlich. Bereits in voller Dunkelheit, die Mücken prasseln uns auf den letzten Kilometern ins Gesicht, erreichen wir das Camp. Spröde, einfach, uninspiriert, italienisch empfängt er uns. Das stört uns aber nicht. Wir sind ziemlich abgekämpft, kleben am ganzen Körper wie ein 10er-Pack Pritt-Stifte und sind hundemüde. Der Reihe nach werden die Bedürfnisse abgearbeitet: duschen, essen, schlafen.