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08.06.2010 (m) Changping – Peking: 52 km, Flachetappe
Es hilft kein Gezeter und Gejammer. So wie der erste Tag einer Reise kommt, so kommt auch der letzte. Immerhin ist es für uns zunächst nur gleichbedeutend mit einem Abschied aus Asien, unsere Tour dürfen wir ja hoffentlich noch ein wenig in Skandinavien fortsetzen. Wir spulen unser Auscheck-Auflade-Programm fast schon blind ab. Wie immer unter den staunenden Augen eines oder mehrerer Chinesen, die gebannt verfolgen, ob wir es tatsächlich schaffen, all die Gepäckstücke auf den zwei Drahteseln zu verzurren. Wir winken nochmals zurück, dann biegen wir auf die Hauptstraße ein. Google-Maps hilft uns wieder einmal, kleine Straßen aus der großen Stadt zu finden, wir durchfahren ein kleines Wohngebiet, wo nochmals das pralle chinesische Leben in all seinen Facetten zu bewundern ist. Ein paar verkehrsreiche und staubige Straßen bleiben natürlich bei einer Einfahrt in die Millionenmetropole Peking nicht aus. Es gibt aber überraschend viele Schleichwege, die Kollege Google gut kartiert hat und uns vorbei an einem Stausee durch urwüchsige und noch von der Abrissbirne verschonten Hutongs führt. In den staubigen Gassen spielt sich das ganze Leben vor den Behausungen ab, da werden Fladen gebrutzelt, Salat- und Nudelberge verschoben und ganze Hausstände auf Lastenfahrrädern von A nach B gekarrt. Gleichsam der Hinterhof Pekings. Hin und wieder überqueren wir einen „olympischen“ Prachtboulevard, wo noch immer olympische Symbole und Embleme von den „erfolgreichsten Spielen aller Zeiten“ künden. Peking hätten wir uns ganz anders vorgestellt: Erstens sind wir natürlich positiv überrascht, dass es uns quasi gelungen ist über Landstraßen bis ins Zentrum vorzudringen, zweitens ist der Verkehr extrem verträglich und überraschend leise (kaum einer hupt mal) und drittens geht uns das Gewusel auf den Straßen ab – wir hatten uns eher auf Hanoi-Verhältnisse eingestimmt. So ist die Altstadt (diesseits der ursprünglichen Stadtmauer) Pekings ein modernes (wenn auch architektonisch wenig überzeugendes), geordnetes und mit einigen restaurierten Sehenswürdigkeiten aufgepäppeltes Zentrum. Natürlich bieten sich einem bei Abstechern in die noch verbliebenen Hutongs gewohnt chinesische Bilder, allein sie scheinen nicht mehr ganz hierher zu passen. Zu dominant sind mittlerweile auch hier Gucci und Prada, Mc Donald´s und KFC. Nicht, dass wir falsch verstanden werden, Peking ist eine angenehme Stadt, es fehlt aber irgendwie das Besondere. Alles ist fast schon ein wenig zu glatt, zu geordnet, zu kontrolliert. Das ist zumindest unser erster Eindruck, den wir in den nächsten Tagen auf Streifzügen durch die Stadt überprüfen wollen.
Schnell gelingt es uns, den richtigen Weg zum Bahnhof zu finden, wo, versteckt, hinter dem Gebäude, unser Hotel liegt. Wir haben dies aufgrund der negativen Erfahrungen in den Provinzen Hebei und Peking bereits vorgebucht, um sicher zu gehen, dass das Haus auch Ausländer beherbergt. Wir erhalten ein wirklich nettes, bunt gestrichenes Zimmer, mit Blick auf den gemütlichen Innenhof und haben damit eine ruhige Basis für unsere Ausflüge in die Stadt gefunden. Die erste Abendrunde bringt uns nur noch einen Block weiter, wo wir in einer Dumpling-Kette zwei Dutzend der Teigtäschchen verdrücken. Zurück in der Herberge betreiben wir ein wenig Statistik und bemerken dabei, dass wir vor zwei Tagen ganz sauber an unserem 10 000sten Kilometer vorbeigebrettert sind. Ganz ohne Foto, ganz ohne Feier, einfach so. Ziemlich ungewohnt für uns ist die drückende Schwüle im Zimmer, kühlt doch die Stadt nachts kaum unter 25 Grad ab. Eine kühle Dusche bringt uns dann aber auf Schlaftemperatur und bevor wir wieder aufgewärmt sind, ratzen wir schon tief und fest.
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