13./14.10.2009 (m) – Meishan – Leshan: 74km, 400Hm
Vorsichtig betreten wir das Hotelrestaurant, in dem wir gestern Abend noch ein sehr gutes Abendessen serviert bekamen, nachdem wir uns vorher auf der Suche nach Essbarem fast noch im überraschend großen Qionglai verlaufen hatten. Wir sind so große Städte nach den westlichen Straßendörfern einfach nicht mehr gewöhnt. Na jedenfalls sitzen hier im Saal, wie auch schon beim Abendessen, zig Militärs. Es sieht nach jungen Offiziersanwärtern aus, die hier einige Konferenzen und Vorlesungen erhalten. Schon lustig, 15 Tische voll mit Soldaten in Uniform, dazwischen, na eher am Rand, zwei „Laogwai“ (Langnasen). Wir schnappen uns die Stäbchen und machen uns über Salate, Baozi und Reisgrütze her, so dass bald all die neugierigen Blicke von uns weichen – „die machen ja das gleiche wie wir, langweilig“.
So gestärkt geht es hinaus in den Nebel. Die Strecke ist flach, führt meist an besiedeltem Gebiet entlang. Die Straße ist mit Häusern oder bestellten Feldern gesäumt. Die Menschen gehen friedlich ihrer landwirtschaftlichen Arbeit nach. Die Felder sind jetzt schon typisch asiatisch. Zusammen mit dem vielen Grün und der feuchten Luft kommen hier schon tropische Gefühle auf. Nur heiß ist es nicht. Da der Nebel keine Blicke in die Ferne erlaubt kommt es fast gelegen, dass der Straßenbelag aus Teer schlagartig verflüchtigt hat und wir uns plötzlich der gefürchteten braunen Suppe gegenüber sehen. Oh nein, das Geruckel wieder. Zudem schleudert es den rotbraunen Deluxe-Schlamm in alle erdenklichen Richtungen und natürlich auch in Kette, Ritzel, Bremsen…na was soll’s. Paar Gänge runter geschaltet und rein ins Vergnügen. Kurz vor Duoyue gibt uns der Dreck wieder frei und wir schwenken überglücklich an ein gut besuchtes Straßenrestaurant ein, wo uns Gung Bao Jii Ding (Hähnchen mit Ernüssen und Chili) und Schweinefleisch mit Paprika wieder auf andere Gedanken bringen. Satt und zufrieden bewältigen wir die letzten Kilometer nach Meishan durch eine hügelige und subtropische Landschaft, vorbei an einsamen Hütten, Enten, Schweinen und Hühnern fast mit Links. Meishan empfängt uns mit Industrie und verlotterten Hütten – wie eigentlich jede Stadt – ehe uns breite, ja überbreite Straßen ins Zentrum führen. Hier ist ein quirliges Treiben, viele, viele Menschen wuseln umher. Wir sind fast etwas überrascht, so viele Leute anzutreffen, da wir wie gesagt aus dem dünn besiedelten Westen kommen und auf etwas kleinere Dimensionen eingestellt sind. Ein wunderbares Hotel mitten in der City dient uns als Basis für den abendlichen Streifzug durch die belebten Straßenzüge. Diesmal wagen wir uns nicht so weit vom Hotel weg, finden aber trotzdem schnell und ausreichen Nahrung, um unsere hungrigen Mägen zu füllen.
Das Hotelfrühstück fällt wieder mal etwas mau aus, so dass wir noch einen Kaffee im Zimmer schlürfen und uns gegen 9.30 Uhr aufmachen. Wieder mal hängt die weiße Käseglocke tief über der Stadt und wir rätseln, nachdem wir die Sonne nun seit fast einer Woche nicht mehr gesehen haben, ob es wirklich nur Herbstnebel und schlechtes Wetter oder doch der Smog aus Chengdu und Chongqing sind. So tauchen wir also wieder in die Suppe ein, die Landschaft ist natürlich ähnlich wie gestern, allerdings folgen wir in weiten Teilen der Strecke dem Ming Fluss, der die Route zusammen mit dem Nebel etwas mystischer erscheinen lässt. Außerdem ist der Straßenverlauf hügliger als gestern, das ist aber nicht weiter schlimm, da die jeweiligen Anstiege nur kurz und meist gleich von einer Abfahrt wieder ausgeglichen werden. Das macht das Fahren abwechslungsreich und da wir auf den gut 80km auch von Baustellen verschont werden, erreichen wir entspannt am frühen Nachmittag Leshan, dank der riesigen in den Fels gehauenen Buddhastatue und des nahen Emei-Shan Berges eine Touristenstadt. Wir machen uns sogleich auf die Suche nach einem guten Hotel, da wir hier mindestens drei Tage eingeplant haben, um unsere Visa um weitere vier Wochen zu verlängern. An der Kreuzung zum „Big Buddha“ fällt uns ein netter, kleiner Bau auf – auf den zweiten Blick ein brandneues, sehr schönes Hotel, das wunderbar schnuckelige Zimmer bietet.
Erfrischt und sauber streifen wir ein wenig durch die Gassen rund ums Hotel, essen experimentierfreudig, da uns die Speisekarte wieder mal so gar nicht weiterbringt, in einem Restaurant zu Abend. Wir lassen uns in ein Separee führen, wo Chinesen speisen und wählen Gerichte von deren Tisch aus; die Exklusivität der Gerichte lässt uns aber kaum Auswahl, da wir auf Krabben, Tauben und ähnliches Zeug gerade nicht so Lust haben. Nichts auszusuchen wäre ja aber nun auch unhöflich und so fällt unsere Wahl auf den harmlos aussehenden Chinakohl in Buttersauce und irgendwie (aber lecker) eingelegte, angebratene, was weiß ich, Sojabohnen. Selbst bestellen wir noch scharfes Rindfleisch dazu, das aber leider nicht knusprig daher kommt, sondern recht schlabbrig in gut drei Litern scharfer Sauce/Suppe. Dafür mundet der Brokkoli in Austernsauce umso besser.