04.08.2012 – Menton – Moulinet
Dirk ist heiß! Die lange Anreise über mehrere Tage mit dem Zug hat ihn zunehmend genervt. Er will in die Pedale treten. Eine kleine Fahrt mit der lokalen Eisenbahn steht aber noch an. 60 Minuten von Antibes bis Menton. An der engen und steilen Küste entlang schlängelt sich die Linie, vorbei an hübschen Ferienhäusern, Villen und Betonburgen. Alles in allem ist es einfach viel zu eng hier. Jeder will seinen Teil vom Kuchen ab, am besten Meerblick oder gar – zugang. Mediterannes Flair für den Jetset, Betonklötze und Tristesse für diejenigen, die später dann den Stand aufräumen, sich an den Supermarktkassen verdingen oder einfach nicht mehr können, als auf das azurblaue Meer blicken. Wir jedenfalls sind froh, uns nicht zwischen die fleischigen Massen auf den schmalen, ins Meer ragenden Felsen, quetschen zu müssen.
Die Sonne steht bereits hoch am Himmel, als sich der Duft unserer Sonnemilch mit Schweiß und Kettenöl mischt. Jetzt geht es los! Praktisch direkt vom Bahnhof weg steigt die Straße nach Norden hin an. Eigentlich ist es viel zu heiß zum Radfahren, doch schon bald verschwindet das kühle Nass im Hintergrund vollends aus dem Blick und es besteht nicht einmal mehr die theoretische Chance auf ein Bad. Wir baden im Schweiß, der aus allen Poren nur so herausplätschert. Wir wollten es ja so. In so mancher Kurve, die sich dem Zugriff des Windes zu entziehen weiß, steht die Luft wie in einem Backofen und macht das Atmen schwer. Keuchend suchen wir ein erstes Örtchen auf, das ein bisschen Schatten, einen Brunnen und ein Mäuerlein für einen ersten Baguette-Käse-Snack bietet. Wenig später kurbeln wir tapfer weiter und erreichen schließlich den ersten Pass auf 700m. Leider hatten wir den so gar nicht eingeplant, denn Pass heißt ja, dass es danach wieder abwärts geht. Und in diesem Falle ganze 300 Höhenmeter. Und schon bald dämmert uns im beschaulichen Örtchen Sospel, kaltes Wasser vor einem Supermarkt in uns hineinstürzend, dass die erste geplante Tagesetappe etwas über unsere heutige Leistungsbereitschaft und – ja auch – -fähigkeit, hinausgeht. Und so will es eine glückliche Fügung, dass kurz vor dem Ort Moulinet ein „Camping á la ferme“ angeschrieben ist. Der Ort selbst, ein kleines aber feines Bergdörfchen, hält sogar ein „Alimentation“ bereit. Nur leider lässt sich nicht wirklich herausfinden, wann das Lädchen öffnet. Jetzt, um 15:00 Uhr, ist er jedenfalls zu. Ein erster Passant tippt auf 16:00 Uhr bis 16:30 Uhr…Wir beschließen, den Camping aufzusuchen und unser Lager einzurichten und später nochmal runter ins Dorf zu fahren. Gesagt getan und schon stehen unsere kleinen MSRs in einer dicken Wolke aus Landluft, zwischen Hunden, Katzen, Hasen, Enten, Gänsen und Hühnern…Ein nettes Plätzchen.
Frisch erholt rollen wir bergab, um uns an „Grand Crème“ und später, da der Laden immer noch geschlossen hat, „Rosé en verre“ zu laben. Gegen 18:00 Uhr suchen wir den Laden erneut auf – geschlossen. Ein netter Handwerker auf der Straße brüllt in die oberen Geschosse, woraufhin eine Dame erscheint, die die Frage , wann das Geschäft denn nun öffnen möge, in die hinteren Räume weiterleitet, von wo dann ein Brummeln ertönt, das übersetzt wohl so viel heißen soll wie: 18:30 Uhr. Nun warten wir auf dem kleinen Vorplatz, bis endlich der Meister, sichtlich abgekämpft von der Siesta mit fettigem Haar auf den Plan tritt. Nach unserem Einkauf sind alle glücklich. Wir, weil wir ein schönes Abendessen zu erwarten haben, er, weil er 30€ auf einen Schlag in der Kasse hat. Morgen ist aber Sonntag und so haben wir uns sicherheitshalber mit etwas mehr eingedeckt.
Unser Nachtessen mundet dann auch vorzüglich und als eine polnische Familie später am Abend noch eincheckt, sind wir mit unseren Bürstlein schon auf dem Weg unsere Zähne zu säubern. Puh, die ersten Höhenmeter hängen wie Blei in unseren Schenkeln.