Home China (Qinghai) Durch rauchende Schlote nach Xining

Durch rauchende Schlote nach Xining

von sabbatradler
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22.09.2009 (k) – Datong – Xining: 37km, 54Hm

Wieder einmal strahlt die Sonne durch den Spalt im Vorhang hell ins Zimmer und wir hüpfen aus dem Bett und nehmen zwischen Ankleiden, Packen und Zähneputzen noch schnell das obligatorische Erst-Frühstück ein: drei Vollkornkekse und ein paar Schluck Nutrifit (so eine Art Milchdrink). Trotz fortgeschrittener Stunde von 9.15 Uhr ist die Luft hier in Datong noch kühl, als wir auf die S227 nach Xining einbiegen. Hier kommt die Frische der Luft aber auf den nächsten 40km leider nicht mehr bei uns unten an: Trucks, Autos, Motorräder und sonstige, undefinierbare, in schwarze Dieselwolken gehüllte Gefährte brausen an uns vorbei oder wir an ihnen. Auch die lange Reihe der Fabriken, die links und rechts der Hauptstraße stehen geben ihr Quäntchen dazu: „aus Kohlestaub mach Briketts-Fabriken“, auf deren Höfen schwarzgetünchte Männer auf Handwagen die kleinen Quader zum Trocknen (?) auslegen, „Aluminium-Industrie“, „6 Kühltürme in Reihe, die aussehen wie Atomkraftwerke (?)“, …wir gleiten vorbei und müssen vor lauter Staunen aufpassen, nicht auf irgendein auf unser Spur stehendes und wiederum uns bestaunendes Moped oder Familien-Knatter-Gefährt aufzufahren oder über einen großen Steinbrocken, ein Kohlehäufchen, zerbrochene Bierflaschen oder knapp neben der Straße grasende Schafe zu holpern. Die Mischung aus Moderne (in der Stadt), Industriellem Zeitalter (Fabriken mit Arbeitern, die aussehen, wie man sie aus Filmen über China vor 50 Jahren kennt) und Mittelalter (Bauern, Tiere, einfachste Handarbeit, Lehmhütten, Brunnen) ist einmal mehr faszinierend. So nähern wir uns abgas- und staubschluckend der Metropole Xining, der Hauptstadt der Provinz Qinghai. Die Straße verbreitert sich auf die übliche dreispurige „Prachtstraße“ – der gerade noch so quirlige Verkehr scheint sich aufgelöst zu haben und wir gleiten leicht abwärts an den zahlreichen Autowaschanlagen (ein paar Leute mit einem Kompressor, Wasserschlauch und einigen Putzlappen) und Werkstätten sämtlicher Art hinein in die Großstadt. Molle sieht zu seiner Linken einige Leute in einem Restaurant sitzen – was wir immer als gutes Zeichen deuten – und da die Uhr mit 11.30 Uhr ein Mittagessen gerade eben rechtzufertigen scheint, schwenken wir ein. Nach einigem Hin- und Her und vielen Worten, von denen wieder nur wenige verstanden werden glaube ich, eine große Portion gebratene Nudeln mit Schweinefleisch für zwei Personen geordert zu haben. Nach und nach bringt die Küche einige mächtige Portionen nicht ganz definierbarer Speisen hervor, und wir sind jedesmal froh, wenn die kleine rot-uniformierte Kellnerin an unserem Tisch vorbeitippelt und andere Gäste das Ziel sind. Nach einiger Zeit („warum dauert das nur so lange, das können gar keine gebratenen Nudeln sein, … oh je, jetzt kommt bestimmt irgend so ein halbes Schwein oder dessen zerhackte Füße…!?“) sind wir an der Reihe und vor uns dampft ein großer Teller mit gebratenen Nudeln, etwas Gemüse und feine Schweinefleischstreifen darin! Uff, richtig verstanden, richtig bestellt. Ein voller Erfolg!

Als wir schließlich bezahlen wollen, werden wir sanft hinausgeleitet – ein Geschenk, wir sind von der Chefin eingeladen – es ist ihnen eine Ehre uns Radfahrer zu verköstigen! Wir verbeugen uns dankbar und machen noch ein Foto, zu dem dann die gesamte Belegschaft angelaufen kommt, um mit dabei zu sein.

Froh gestimmt und gesättigt rollen wir weiter in die Stadt hinein. Im Zentrum präsentiert sie sich wie die meisten chinesischen Städte, die wir bisher gesehen haben mit viel Grün und modernen Bauten. Überall werden neue Hochhäuser hochgezogen.

Wir erreichen das von uns ausgewählte Hotel nach einer weiteren Stunde – es liegt auf der anderen Seite des Zentrums und die Fahrt ist nicht ganz leicht, da die Straße, an der es liegt auf einigen Kilometern komplett aufgerissen ist. Nach kurzen Verhandlungen haben wir ein erschwingliches schönes Doppelzimmer und machen uns sogleich auf zum PSB (public security bureau), um die Visumsverlängerung zu beantragen. Am Schalter stehe ich einer kleinen, kurzhaarigen, bebrillten und etwas pausbäckigen Drächin gegenüber, die mir klarmachen will, dass wir nur 15 Tage Verlängerung bekommen könnten – das sei jetzt so, wegen des Nationalfeiertags am 1. Oktober und der damit verbundenen chinesischen holidays. Hm. Die Begründung kapier ich überhaupt nicht. Unser jetziges Visum gilt noch 8 Tage – und wenn wir von heute ab 15 bekommen, haben wir real 7 Tage. Toll! Ich mache ihr klar, dass wir mit dem Fahrrad reisen und mehr Zeit brauchen und was dagegen spräche, wenn wir 4 Wochen bekämen…? Da rückt sie die Formulare raus, die wir morgen früh wiederbringen sollen. War das jetzt ein „ja“? Ich interpretiere es mal so. Schnell wie wir sind brausen wir zum Hotel, füllen den Papierkram aus, kleben Passbilder darauf, lassen den Hotelstempel seinen Abdruck drunter setzen und düsen zurück. Die Dame guckt etwas verwundert uns wieder zu sehen, ist dann aber doch kooperativ. Wir hatten 7.11. auf unseren Antrag geschrieben – viel zu lang, also maximal 28 Tage ab heute, mehr ist nicht drin. Gut, wir ändern auf 20.10. und nachdem man noch ein Foto von uns gemacht hat und alles im Computer drin ist, bekommen wir den Auftrag, das Zeug morgen um 14.30 Uhr abzuholen. Immerhin. Besser als nichts. Da müssen wir eben versuchen in Kunming noch eine zweite Verlängerung zu bekommen.

Zum Abendessen schwenken wir in ein moslemisches Restaurant ein und werden wieder einmal nicht enttäuscht. Rindfleisch mit Gemüse kann also auch in Ei gebacken sein und mit Kreuzkümmel, Kurkuma und Sesam gewürzt werden. Immer wieder was Neues. Molle meint sogar, wegen des Essens vielleicht doch ein Jahr lang durch China zu reisen. ;-) Wenn man uns nur ließe!

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