03.01.2010 (k) – Luang Prabang – Nong Khiao: 95km, 550Hm (+50km Taxi)
Zwei Kaffee Lao und drei “Egger Bagel” ohne Ei „to take away“ hat Molle bestellt und nun scharrt er ungeduldig mit den Hufen, denn vor der Tür der „Joma Bakery“ steht schon das gecharterte Songtheo bereit – die Räder fest auf dem Dach verzurrt, Franzi, Philip und ich hinten auf den Querbänken. Der Andrang an der Bäckerei ist groß – haben doch all die Touristen nach der „Speisung“ der Mönche selbst Hunger. Als wir vor einer halben Stunde unsere Räder beladen haben, bekamen wir ganz nebenbei mit, wie ungefähr 50 Mönche in der Schlange die Gläubigen passierten, die an der Straße knieten und ihre Gaben in die Bettelschalen legten. Kein einziger Tourist weit und breit – und das aus dem einfachen Grund, dass unser Hotel 3km außerhalb des Zentrums lag. So verharrten die orangenen Kutten sogar noch eine Weile, um ihr Dankgebet zu singen.
Um an einem Tag das gut 140 km entfernte Nong Khiao zu erreichen, wollen wir uns ein gutes Stück aus Luang Prabang hinausfahren lassen. Nach 40km hält unser Fahrer im vereinbarten Dorf an, doch um keinen Stress zu haben, legen wir noch ein paar Banknoten drauf, und werden noch 10 km weiter kutschiert. Es ist sowieso total neblig und kühl, da genügt es, später aufs Rad zu steigen. Als wir im nächsten Dorf unsere Räder beladen, kommt die Sonne allmählich durch. Eine wunderschöne Etappe beginnt. Die kaum befahrene Straße schlängelt sich durch Dörfer, in denen die Menschen wieder wesentlich agiler wirken, als in den Hmong Dörfern, die wir in den Bergen vor Luang Prabang passiert hatten. Unter jedem dritten Haus steht mindestens ein Webstuhl, so manche Frau sitzt bereits wieder bei der Arbeit daran. Viele sind mit der Anfertigung von Algenblättern beschäftigt. Wir nehmen dies bei einer Familie genauer in Augenschein: die aus dem Fluss gefischten Algen werden auf Bambusmatten gestrichen und flachgeklopft; auf die nasse Masse wird Sesam (und in unserem Beispiel auch Tomaten- und Knoblauchscheiben) gestreut; die fertig belegten Matten werden dann auf Ständern zum Trocknen in die Sonne gelegt. Gegen Abend werden wir das Abnehmen der Algenblätter und das Eintüten beobachten können. Alle Dorfbewohner reagieren freundlich bis enthusiastisch auf die Gegenwart von vier Langnasen auf Fahrrädern. Die Kinder schreien und winken wieder wie wild, sie hüpfen und strahlen vor Freude, wenn ihre Hände unsere berühren und wenn wider Erwarten nach zwei „Falang“ nochmal zwei daherkommen. Durch diese Dörfer zu fahren ist uns viel angenehmer – auch wenn sie nicht unbedingt reicher wirken, als die zuletzt gesehenen, so bringen sie doch eine ganz andere Lebensfreude zum Ausdruck. Ab und an sieht man jemanden Gitarre spielen oder sich vor überdimensionalen Boxentürmen an der Gesangskunst versuchen. In dieser Gegend sieht man nicht viele Pfeifchen oder Wasserpfeifen, stattdessen scheint – besonders bei Damen im fortgeschrittenen Alter – das Betelkauen sehr populär. Wir haben zwar in Luang Prabang das Ethnic Center besucht und vieles über die ethnischen Minderheiten von Laos erfahren (Tracht, Lebensstil, Typisches), doch so richtig auseinanderhalten können wir sie dennoch nicht. Immer wieder fragen wir uns, ob die Dorftore aus Bambus, die kein Besucher berühren darf, nun für ein Akha-Dorf typisch sind, oder ob wir uns gerade in einem Dorf der Tai befinden? Es gilt, noch einiges nachzulesen. Interessant ist es aber auch so. In einer dunklen Hütte sehe ich eine Frau eine selbstgemachte Matratze zu füllen. Noch immer werden viele Dinge des alltäglichen Bedarfs wie Decken, Schlafmatten aus Bambus, Matratzen, Kleidungsstücke und Moskitonetze in Handarbeit angefertigt. Vor ein paar Tagen sahen wir vier jugendliche Hmong-Mädchen, in festlicher Tracht, mit Schmuck und Münzen behängt, ebenso vielen ungefähr gleichaltrigen Jungen gegenüberstehen. Sie warfen sich eine Art Tennisball zu. Bei diesem – auf den ersten Blick eher langweilig wirkenden Spiel – handelt es sich um ein Flirtritual. Die beiden Geschlechter sollen sich so näher kennenlernen. Wenn der Ball auf die Erde fällt, muss dem Gegenüber etwas überreicht werden. Die Mütter der Mädchen arbeiten oft monatelang an der Tracht für dieses Ritual. Da es verboten ist, jemanden aus dem eigenen Dorf zu heiraten, müssen die Jungs oft einen weiten Weg zum „Ballspielen“ auf sich nehmen.
Einige Felder erstrahlen bereits wieder im saftigen Grün junger Reispflanzen. Je näher wir Nong Khiao kommen, desto spektakulärer wird die Landschaft. Die Karsthügel nehmen zu, türmen sich zu richtigen Bergen auf. Im kleinen Ort Pakmong legen wir eine Mittagspause ein. Nein, gebratene Nudeln mit Gemüse habe sie leider nicht, meint die Restaurantbesitzerin, aber dafür gebratene Nudeln mit Ei. Geht klar – und ist klar, dass auf unseren Tellern dann sowieso gebratene Nudeln mit EI und diversem Gemüse landen.
Ein gerissener hinterer Schaltzug wird noch schnell ersetzt und so bleibt es mir erspart, noch weitere Anstiege auf den letzten 30 Kilometern des Tages in übler Übersetzung und im Stehen zu bewältigen – auch, wenn es mir als „Kraftsau“ nicht so viel ausgemacht hat. Mit den letzen Sonnenstrahlen rollen wir über die Nam Ou Brücke in unserem Zielort, der sich atemberaubend zwischen Flussbett und Bergfüßen ausbreitet. Zwei Bambusbungalows mit komfortablen Doppelbetten werden zu unserer Bleibe erklärt und im Lao-Restaurant genießen wir vielseitige hiesige Spezialitäten und mal wieder einige leckere Dark-Lao Bierfläschchen. Morgen wird ja eh nur Boot gefahren.