Für 2€ in die Sonne

25.-29.09.2022 Clermont-Ferrand – Alès – Sommières – Fabrègues – Agde

Zum Frühstück kurbeln wir noch mal hoch zur Kathedrale, auf deren Vorplatz gerade Star Wars-Figuren und CDs die Besitzer wechseln. Flohmarkt. Im Regen. Wir flüchten direkt unter die Markise eines Cafés und heitern unsere Stimmung mit „grand crème“ und „viennoiserie“ (= feine Backwaren) auf. So, das ist also der Grund, warum wir nun gleich fünf Stunden Zug fahren werden. Kalt und nass kann ohne uns.

Pünktlich auf die Minute (wie bisher alle Züge in Frankreich) rollen wir aus dem Bahnhof, unsere Bikes stehen bequem und wir sitzen ebenso. Und das wie schon erwähnt für 1€ pro Nase – irgendeine „Sonntag im September“-Aktion. Was folgt, ist eine wunderschöne Zugstrecke durch die Cevennen, meist etwas oberhalb des Flusses Allier. Vor Jahren sind wir hier auch schon mal durchgestrampelt – hatten aber tatsächlich vergessen, wie schön das ist! Aus Sicht der (Neu-)Bootsfahrer betrachten wir den Aillier von oben und das Internet spuckt aus: Ein perfekter Wanderfluss. Er entspringt in den Cevennen und mündet nach 421 km westlich von Nevers in die Loire. Wir werden in jedem Fall wiederk….okay, das hatten wir vorher schon.

Ob der grandiosen Landschaft verläuft die kurvige Fahrt doch kurzweiliger als gedacht und am späten Abend spuckt uns der TER im Süden aus. Es ist wärmer. Der Verkehr ist hektischer, Autos überholen gern mal mit einer handbreit Abstand. Alès wirkt auch gleich – sagen wir mal – „rustikaler“ als ihre Schwestern im Burgund und der Auvergne. Klischee? So schön das mediterrane Klima, so speziell die Atmosphäre in Südfrankreich. Vor sechs Jahren waren wir in der Gegend unterwegs und wollten hier eigentlich nicht mehr fahren. Zack, sind wir wieder da! Der Grund ist einfach: Wir wollen die Sonne genießen und schöne kleine Strecken suchen. Wir lassen es am Atlantik regnen und uns Zeit. Und das zahlt sich aus. Wir campen auf einem schönen Bauernhof bei Alès, hoppeln auf alten Römerstraßen bei Quissac,

genießen „voie vertes“ (alte Bahnstrecken) bei Sommières und abenteuerlich anmutende Pisten zwischen den Weinreben – im Irgendwo.

Der Mistral hält uns die Wolken vom Leib, verschafft der Sonne Luft und kühlt zudem angenehm. Ach ja, und da er uns in den Rücken bläst, finden wir ihn eigentlich sehr nett. Es heißt ja, dass der kalte Fallwind oft als unangenehm empfunden wird. Wie immer wohl eine Frage der Perspektive!

Ein wahre Traumstrecke führt uns von Sète nach Agde – das den Ort des Zusammentreffens der Sabbatradler mit dem Mittelmeer darstellen wird. Mit Sardinen, Shrimps und Sardellen gestärkt werfen wir uns in den Wind und finden eine Traumstrecke vor. Im Juli und August sicher die „Hölle“, jetzt im September – genial! Ein wunderbarer Fahrradweg, direkt entlang am Meer – herrliche Blicke und ein erfrischends Bad!

Wenig später zwingt mich das GPS in die Büsche, die sich kurz darauf wieder lichten und uns am Beginn des „Canal du Midi“ wiederfinden lassen. Ein herrlich schmaler Pfad schlängelt sich durch das Naturschutzgebiet „Étang de Thau“. Ein Radler-Traum in der Abendsonne!

Der Weg endet fast mitten in Agde und ein paar Kilometer weiter schwenken wir in den Camping „l’escale“ ein. Das Örtchen Tammarissère ist nicht weit, hat nicht viel zu bieten, jedoch Ruhe und ein hervorragendes Fisch-Lokal. Der Blick auf die Mündung des Hérault (er ist in den Cevennen entsprungen und fließt hier ins Mittelmeer), ein Schlückchen Rosé im Glas und Fisch auf dem Teller. Ein Leben wie Gott in Frankreich? Fast könnte man mal wieder vergessen, was in dieser Welt gerade so los ist.

Die Wetter-App verkündet News aus dem Westen: Die Starkregen-Fronten danken allmählich ab und machen angeblich Platz für die Sonne. Wir vertrauen drauf, geben dem noch etwas Zeit, durch einen Pausetag in Agde – überqueren im Boot den Hérault, um den gegenüberliegenden Stadtteil Grau d’Agde zu erkunden, düsen am Meer zum Touristenort Cap d‘Agde an und beobachten dann wieder in unserem Stammlokal die Fischerboote, wie sie mit ihrem Fang im Netz und einem Schwarm Möven im Schlepptau den Hérault hinaufschippern, um die Beute an der Kooperative Criee de Grau d‘Agde weiterzuverarbeiten für den Handel.

Für die Weiterfahrt schmiegen wir uns mal an den Canal du Midi Richtung Bezièrs, Carcassonne und Toulouse.

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