Geschichtsträchtiger Einstieg

Warme Luft umströmt uns, als wir unsere Räder nach der achtstündigen Zugfahrt in Florenz vom Bahnsteig schieben und wir uns in den quirligen Verkehr der toskanischen Metropole mischen. Es fühlt sich gleich alles wieder sehr vertraut an. Denn obwohl wir zuletzt vor fünf Jahren in Italien gewesen sind, kennen wir die Gepflogenheiten im Straßenverkehr aus vielen Italienreisen per Rad nur zu gut. Es gilt das Recht des Stärkeren, als Fahrrad hat man sich gefälligst unterzuordnen, die Fußgänger wiederum huschen vor uns davon. Florenz macht es einem da allerdings einfach, da es nicht nur ein ordentliches Radwegenetz sondern auch verkehrsberuhigte bzw. für die „Macchine“ komplett gesperrte Bereiche gibt.

Unseren Campingplatz erreichen wir am späten Abend, nachdem wir uns auf Rad- und Fußwegen am Arno entlanggeschlängelt haben. Der Camping Hu (klingt chinesisch, ist aber von der italienischen Human Company) liegt am südöstlichen Stadtrand und bietet uns ein nettes kleines Mobilhome.


Obwohl wir Florenz auch schon besucht haben – lange ist es allerdings her – entdecken wir auf unseren Rädern neben dem „Altbekannten“ (Ponte Vecchio, Cattedrale Santa Maria del Fiori, Piazza Michelangelo) auch neue Ecken.

Wir lassen uns durch die schmalen Gässchen und deren Kopfsteinpflaster treiben und rollen auch raus in neue und alternative Stadtteile wie Isolotto im Südwesten. Wieder einmal hüpfen unsere Herzen ob der Räder, die wir dabeihaben dürfen. Der Radius erweitert sich so ungemein und eröffnet uns eine andere Sicht auf die Stadt.

Mit ein paar Pedaltritten hat man die touristische Kernzone mit den Massen – derzeit vor allem aus Amerika und China – verlassen und taucht ein in das „normale“ fiorentinische Leben. Jogger und Radfahrer in den Parkanlagen am Arno oder Familien und Studenten beim Nachmittagscafé an der Piazza, die die warmen Strahlen der Frühlingssonne aufsaugen.

Wir kurbeln noch über die Porta Romana hinauf zu einigen Villen der Medici, bevor uns der touristische Trubel am Piazza di Michelangelo wieder aufnimmt. Der Blick auf die Stadt ist hier aber auch wirklich wundervoll!

In der Abendsonne gleiten wir wieder hinab zum Arno, direkt in eine kleine, kaum zu findende Pizzeria. Der hauchdünne und dennoch knusprige Teigfladen sowie das Lächeln des Patrone im „Davide Due“ heißen uns gleich nochmal in Italien willkommen.
Der nächste Morgen bringt uns gut 15 Kilometer quer durch die Stadt, vom südöstlichen Ende bis in den Nordwesten.

Unser Zug nach Rom verlässt Florenz am Bahnhof Firenze Rifredi. Dieser Stadtteil beherbergt vor allem Arbeitersiedlungen und wirkt etwas rauher. Das freundliche Lächeln der Bewohner findet man aber auch hier.

Zehn Minuten früher als auf dem Fahrplan angekündigt (kein Witz!) rollt unser Intercity, der in Mailand gestartet ist, ein und wir können gemütlich unsere Räder in Wagen 3 (in diesem Wagen sind in allen IC in Italien jeweils sechs Fahrradplätze verfügbar) einladen. Buchen kann man diese bequem per App. Liebe DB, wäre das nicht mal was für Deutschland?


Aus dem Zug bekommen wir noch mal eine kleine Stadtbesichtigung, dann gehts hinaus aufs Land und über Arezzo und Orvieto in gut drei Stunden mitten ins Herz der Ewigen Stadt. Der Bahnhof Roma Tributina entlässt uns in den römischen Straßenverkehr, der zunächst noch hektisch und unbezwingbar wirkt. Schon am zweiten Tag haben wir aber genug Selbstvertrauen, um auch diese Stadt – ohne nennenswerte Radwege (sieht man mal von den vier Kilometern auf der Via Nomentana ab) – auf zwei Rädern zu bezwingen. Nein, das klingt zu negativ. Zu erleben! Der Verkehr ist zwar dicht und lebhaft, aber glücklicherweise nicht zu schnell. Dafür sorgen jede Menge Ampeln und die schiere Zahl an Blechkisten. Oft stehen sie einfach im Stau und wir düsen rechts vorbei!

Rom ist toll. Unglaublich toll! Ich hatte es fast vergessen. Das historische Zentrum ist einfach überwältigend. Man braucht so gut wie keine Vorstellungskraft, um sich auszumalen, wie das Leben im Alten Rom gewesen sein kann. Circus Maximus, das Kapitol, das Kolosseum – grandiose Bauwerke!

Daneben so viele kleine wunderbare Plätze, Tore, Mauern, Säulen und Brunnen, die die Geschichte fast zu jederzeit greifbar machen.

An unserem Besichtigungstag fahren wir gut 35 Kilometer, Hügel rauf, Hügel runter, ein Eis bei Fassi in der ältesten Manufaktur Italiens:

Im Kontrast dazu zwei Sichuan-Nudelsuppen im letzten nicht gentrifizierten Stadtviertel Roms – Esquilino, nahe der Station Roma Termini.

Dazu Touristenhorden am Trevi-Brunnen, die von Aufsehern mit Trillerpfeifen vom Münzwurf in den Brunnen oder vom Sitzen auf jedwedem Gemäuer abgehalten werden (müssen!). Es wirkt abstrus. Nein, es ist abstrus! Rom ist voll. Unglaublich voll.

Andererseits gibt es aber auch tourismusmäßig ruhige Ecken wie Trastevere und Aurelio, die wir auf unseren Stadtein- und ausfahrten vom Camping Hu kennenlernen. Auch hier: Hat man die touristische Kernzone mal verlassen, man hat schnell vergessen, dass man in Italiens Hauptstadt ist. Nur der Verkehr, den nimmt man stets mit!
Richtig cool sind die Ausblicke auf die Stadt vom Piazzale el Faro und Gianicolo.

Die dürfen wir am Anreisetag genießen, als wir uns über die Via Aurelia Antica (klingt leider nur historisch-romantisch, da sehr schmal und maximal befahren) zum Camping im Stadtteil Aurelio kämpfen. Die Abende verbringen wir vor unserer mobilen Hütte, kochen Pasta und genießen das bequeme Bett nach den wunderbaren, aber auch ein bisschen anstrengenden Tagen in zwei der wohl schönsten Städten Italiens, wenn nicht der Welt ;)


Ab Rom geht es nun erst mal auf den Rädern weiter, wir starten direkt in ein weiteres Highlight: Die Via Appia Antica!

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