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(Hin)Aufgeschoben

von sabbatradler
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11.01.2009 (k) – (von Chiang Rai 90 km Songtheo) Wiang Pa Po– Phrao 53 km + 20 km, 1266 Hm

Quer zur Fahrtrichtung sitzen wir im gecharterten Songtheo. Die Morgenluft ist noch kühl und wir sind guter Dinge. Haben wir doch aus der Zentrale von Google Erde in Sonthofen genaue Höhenangaben für die heutige Etappe von Wiang Pa Po nach Chiang Dao: es sollte sich um 1300 Hm handeln, mit einigen Hochpunkten. Auf die von uns geschätzten höchstens 90 Kilometer klingt das gut machbar, wir freuen uns auf die Berge. Als wir unsere Tiere beladen, ist es doch halb elf. Wenige hundert Meter später hängen wir im ersten Anstieg, die Kühle des Morgens hat sich ins Unterholz verzogen. Auf einer wunderbaren Passstraße schrauben wir uns in angenehmer Steigung hinauf zum ersten Hochpunkt. Ein Buddha empfängt uns und sieht zu, wie Franzi mit Müsli gemästet wird, ich einen bröseligen Farmerriegel auflecke (sollte man den Schweizern mal mitteilen, dass sich die Formstabilität des Schokomüsliriegels nach 6000km in der Fronttasche nicht mehr als ausreichend bezeichnen lässt) und Molle und Philip verzweifelt versuchen, den Schweiß aus ihren T-Shirts zu wringen. „Wir sehen uns auf 1180m!“ – rufen wir Franzi und Philip noch zu, da bergauf jeder sein Tempo fährt und wir annehmen, unseres sei höher. Doch keinen Kilometer weiter wirft sich die Straße dermaßen steil hinunter, um sich sogleich achterbahnmäßig wieder aufzustellen, dass es ein Foto wert ist. Wir sehen uns also schon hier wieder und lachen gemeinsam über die perverse Anlage der Straße. Auf den nächsten 10 Kilometern verzerrt sich das breite Grinsen allerdings allmählich zu einem breiten Zähnebeißen. Die teilweisen sehr langen Anstiege sind exorbitant steil. Der Puls schnellt nach oben, das Gesicht färbt sich trotz Lichtschutzfaktor 50 plötzlich purpurrot. Nur für die dickbeschenkelten Mitglieder der Truppe sind diese Rampen mit Gepäck gerade noch so (ver)tretbar. Doch das Hinaufschieben scheint auch nicht viel einfacher zu sein, wenn man Molles Schräglage betrachtet, als er sich gegen sein Fahrrad stemmt, damit es nicht ihn schiebt – und zwar nach unten. Kein Wunder, dass zwar die Stunden ins Land ziehen, wir uns aber kilometermäßig kaum vom Fleck bewegen. Nach knapp 5 Stunden sind doch sage und schreibe schon 25 der geschätzten 90 Kilometer geschafft! Wenn das nicht mal ein Schnitt ist. Wenigstens sind die heftigsten Steigungen nun vorbei, der Rest des Anstiegs bis zum letzten Hochpunkt vor dem Ort Phrao verlaufen wieder humaner und zwei Stunden vor Sonnenuntergang dürfen wir die verdiente Abfahrt von 22 Kilometern bis zu diesem kleinen Ort in Angriff nehmen. Da wir dort unplanmäßig auch übernachten wollen, setzen wir unsere beiden Multimediaradler mit ihren Handys auf virtuelle Unterkunftssuche an. Schnell finden sie heraus, dass es was zu übernachten gibt, was uns die Abfahrt gemächlicher angehen lässt. Ein Resort soll etwa 6 Kilometer außerhalb liegen, aber einen Pool haben. Wow, das soll es sein. Nach einer genialen Abfahrt auf meist nagelneuer Straße durch Pinienwälder mit immer wieder Ausblicken auf die faszinierende Berglandschaft des Nordens erreichen wir den inmitten einer weiten Ebene mit Reisfeldern gelegenen Ort Phrao. Die dünne Betonstraße, die durch die Felder nach Norden zum Resort führt, leitet uns direkt hinein in das Feierabendtreiben der Bauern. Die untergehende Sonne spiegelt sich im Wasser, das gerade die jungen Reistriebe nährt, die Menschen hacken noch schnell einen Damm auseinander, graben ein Feld um, bewachen die schnatternden Enten oder sitzen bei einem Gläschen Thai-Whiskey am Rand. „Happy New Year!“ – und wir sind eingeladen, mit einem Glas des Gebräus darauf anzustoßen. Fröhlich schenken unsere Wegesrandgastgeber jedem von uns ein Stamperl ein. Na, so ein Ankomm-Whiskey hat auch etwas! Wir wollen noch so gern vor Dunkelheit in den Pool und fahren mit dem Alkohol in den Beinen noch die paar Kilometer weiter. Doch zu früh gefreut. Keiner da. Alles abgeriegelt. Mit den Mücken und Fliegen um die Wette düsen wir zurück in den Ort. Dort gestaltet sich die Zimmersuche dann auch noch etwas aufwendig. Nach 20 extra Kilometern landen wir in zwei netten Bungalows einige Kilometer außerhalb des Ortes, in der Richtung, aus der wir vom Berg gekommen sind. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?! Wenigstens die Essensfrage löst sich schnell und äußerst befriedigend. In einem Lokal mit hohem Buzzlefaktor kocht ein nettes Paar Thai-Leckereien für uns. Ja, da haben wir heute nicht nur den Pool und das Etappenziel (hin)aufgeschoben. Aber herrlich war’s.

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