29.08.2011 (k) Roccavivara – 8km vor Capracotta: km, Hm
Nach dem obligatorischen ersten Cappuccino des Tages – heute auf dem Silbertablett zum Selbsthinaustragen serviert – brausen wir über ein paar schöne Kehren hinunter ins Flusstal des Biferno – schon mit dem klaren Blick auf die steil aufragenden Berge auf der anderen Seite des Wassers, wohl wissend, dass der Anstieg beginnt – und zwar jetzt. Mit Durchqueren der Scheitellinie fallen die Zehnerstellen des Geschwindigkeitsmessers weg und der Kriechgang beginnt. Knapp 1000 Höhenmeter müssen wir hinauf. Erträglich werden die Strapazen durch tolle Ausblicke und die Tatsache, dass wir uns auf beinahe autofreiem Terrain bewegen. Und natürlich durch die caffé macchiato und Lemonsoda Stopps, der erste des Tages erfolgt im Dörfchen S. Giovanna Lipioni. Hier hat gerade die Post geöffnet, was einige Leute auf der Piazza zur Folge hat. Die nächsten Stunden folgen wir dem monotonen Tritt in meditativer Duldungsstarre und erreichen Castiglione Messer/Marino. So toll der Name auch sein mag – ein Restaurant gibt es nicht, unsere Ravioligelüste müssen wir mit ein paar heißen Salamipaninis in einer Bar hinunterspülen. Wieder sitzen Männer herum – sind wir etwa schon in Arabien? Und wieder spricht einer von ihnen Deutsch. 18 Jahre – oder waren es 30 irgendwo gearbeitet. schön, wenn eine Konversation möglich ist. Mit Hilfe der Alten um ihn herum bekommen wir den „via veccia“ beschrieben, der uns weiter in Richtung Capracotta bringt. Wir kurven bergab und wieder bergauf. Mit jeder Kurve ergeben sich neue Blicke auf umliegende Abruzzendörfer – als wäre ein Riese hier durchgetrampelt und hätte hier und dort ein Schäufelchen Dorf auf einem Hügel ausgekippt. Bauern pflügen ihre abgemähten Äcker um, die Landschaft leuchtet vorwiegend in herbstlichen Braun- und Gelbtönen, das Grün gibt der Wald dazu, der hier noch reichlich vorhanden ist. Alles ist extrem trocken, ziemlich heiß. Eine Schweinerampe verlangt noch einmal alle Kräfte zu bündeln, als wir 10 Kilometer vor dem anvisierten Ziel ein Schild entdecken: Agriturismo 2 km. „Hoffentlich lügen die nicht wieder mit ihren Kilometerangaben“ denke wahrscheinlich nicht nur ich mir, als wir in die Seitenstraße einbiegen. Doch nach 5 Minuten taucht tatsächlich ein von fünf Hunden gut bewachtes bäuerliches Anwesen auf. Wir tragen unser Sprüchen vor: „esse, schlafe, …“ nein: „dürfen wir hier zelten und im Restaurant essen?“ Die Mama scheint nicht ganz so begeistert ob der Zelterei – doch entscheiden tut das schließlich der Mann, oder? Also wird der Sohn von den Kühen weggeholt und managt mit uns die Übernachtungsorganisation. Wir einigen uns, die Betonterrasse hinterm Haus zu belagern – ein perfekter Platz mit Blick auf die weidenden Kühe! Die Dusche organisiert Matthias in gekonnter Manier und so sind doch bald alle Grundbedürfnisse wieder soweit befriedigt, dass sich die Feierabendstimmung einstellt. Wir sind die erstem im Restaurant und Matthias drängt uns schon, weil er Angst hat, sonst heute hier nichts mehr zu bekommen. Doch kaum ist unsere Bestellung abgeschlossen, hören wir im Hof die Autos einlaufen. Der Speiseraum füllt sich mit gutgelaunten, palavernden, hungrigen italienischen Gästen. Wir folgen heute der Menüfolge: Vorspeisenplatte mit Auberginen und genialer Käsevariation (vermutlich vom Sohnemann selbst gemacht), Ravioli mit Ricotta und Spinat in Salbeibutter / con Ragu für Mäusi und secondi (leider aufgrund unserer Schuld zur Schuhsohle verdrilltes) bistecca mit insalata mista und ein paar patate fritte. Die Atmosphäre könnte typischer nicht sein – das ist das ländliche Italien pur! Die Rechnung ist auch heute überschaubar. 90 Euro für uns alle – nicht zu vergessen unsere Anfangsbiere, die Dusche sowie Cola, Wasser und Wein zum Essen. Hoch lebe der Agriturismo!
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