06.04.2010 (m) – Kyoto – Kato: 76km, 600Hm
Um 7:30 Uhr endet eine kurze, aber angenehme Nacht. Unser Nachtpaket läuft um 8 Uhr ab und wir sollten pünktlich auschecken und bezahlen, da kennt der regeltreue und obrigkeitshörige Japaner keine Gnade. Wir lassen uns noch Kaffee und Tee aus der Maschine und besorgen uns im Kombini Sushi und Hefeteilchen zum Frühstück. Dabei gehen wir nochmal die heutige Route durch und die Aussicht auf 80km Ballungsgebiet auf engen Straßen und Radwegen reißt uns nicht gerade vom Hocker.
Wenn nicht hier, an der Internetquelle, wo dann, könnte man nochmal spontan umplanen. Schnell schalten wir das Netbook ein, verbinden uns mit dem Wifi und werfen nochmals einen Blick in die hochverehrte „Google-Mappe“. Und tatsächlich erblicken wir nun eine Straße, fernab der Ballungszentren, die zu dem von uns auserkorenen Campingplatz auf der Route nach Himeji führt. Genaugenommen führt sie bis Himeji. Nummer 372. Wow, dreistellig. Das verspricht doch eineFahrt auf einer ruhigen Nebenstraße, oder? Schnell erstellen wir den GPS-Track, laden ihn auf das Gerät und dieses leitet uns wie am Schnürchen gezogen aus der Stadt. Kleine Straßen und Gassen durchfahren wir, ehe wir relativ abrupt auf der Straße 9 landen.
Erstmal nix mit ruhig und Nebenstraße. LKW, Kleinwagen, Motorräder, Busse. Das ganze Programm. Dazu eine enge Fahrbahn. Hallo Japan! Hat jemand gesagt, radeln wäre ein Vergnügen hier? Aber mal langsam. Wir geben dir schon noch Zeit, uns von deinen Radqualitäten zu überzeugen. Muss ja nicht gleich im Ballungsraum Osaka/Kyoto/Kobe sein. Nach gut 20 Kilometern erreichen wir die 372, die gut ausgebaut, mal mit, mal ohne Fahrradweg hügelig dahingeht. Immer wieder sind größere Städte zu durchqueren, die immergleichen „Ketten“ weisen in riesigen, bunten Schildern – recht amerikanisch – auf ihre (auch gleichen) Angebote hin. Der Fahrfluss wird durch unzählige Ampeln (jede noch so kleine Seitengasse hat ein Recht auf eine eigene Ampel) und das ständige überfahren von Randsteinen unterbrochen. Längere Steigungen und der Gegenwind bremsen zusätzlich. Wir haben geplant, einen Tunnel nicht zu durchfahren und stattdessen die alte Passstraße zu nehmen. Und gleich wird es sehr ansehnlich. Die Kehren durch den Wald teilen wir uns nur mit ein paar Affen, die auf der verlassenen Straße herumspazieren und in den Bäumen genüsslich saftig grüne Blätter vertilgen. Leider endet diese Idylle nach 200 Höhenmeten und einer kurzen Abfahrt am Tunnelausgang und wir strampeln ein langes Tal entlang. Immer mit dem Wind im Gesicht und auf diesen holprigen Radwegen. Man kommt nicht ins Fahren – ständig irgendwelchen Pfosten ausweichen, abbremsen, Gehsteig hoch, Gehsteig runter. Aber die Straße ist einfach zu eng und die dicken Reifen der LKW zu wenig verlockend.
Die Sonne senkt sich schon hinter den Hügeln, als wir uns vom Navigationsgerät von der Hauptstraße weg in eine kleine Nebenstraße lenken lassen. Tatsächlich stehen wir schon kurz darauf in einem richtigen Campingplatz! Weit und breit ist niemand zu sehen und alles befindet sich noch in tiefem Winterschlaf. Es gibt aber fließend Wasser und so platzieren wir uns oberhalb eines kleinen Flüsschens und nutzen das letzte Tageslicht für ein bisschen Körperpflege am eiskalten Wasserhahn. Die Küche bleibt heute passend zum Wetter kalt und wir mümmeln Sandwiches und Sushi. Zwei „blaue Patronen“ (japanisches Bier in dunkelblauen 0,5l Dosen) munden dazu.
Außer dem Rauschen des Wassers ist nichts mehr zu hören, wir sind
sowieso müde genug, was also spricht gegen eine frühe Nachtruhe?