Nicht wirklich wild

Ab Sopela (sozusagen unser Campingplatz „Bilbao“) lag eine wunderschöne Radetappe vor uns. Zuerst auf einem Radschnellweg hinunter an den Fluss, dann mit der Schwebefähre an der Biskayabrücke hinüber nach Portugalete

und anschließend auf perfekter Rad-Infrastruktur hinaus an die Küste nach Ondarra/La Arena. Ein über 20 km langer Super-Radweg. Die alten Herren auf ihren Rennrädern machten hier ihren Sonntags-Workout.

Im Anschluss ging es für zwei anstrengende, aber sehr reizvolle Abschnitte in die Hügel. Zunächst um einen knapp 400m Hügel (aber gefühlt auch darüber) nach Santullan und im Anschluss über einen wunderschönen Pass (Alta de la Jaya 395m) nach El Puente.

In der letzten Kurve vor der Passhöhe glaube ich, einen Geier auf den Steinen sitzen zu sehen. Aber da ich viel Schweiß in den Augen hatte, erklärte ich es mir so, dass die Steine hier einfach die Form eines Geiers haben. Doch nein, ein paar hundert Meter weiter sahen wir sie knapp über die Passhöhe kreisen. Wilde Geier! Genauer gesagt: Gänsegeier. Nicht wenige. Sie sehen gewaltig aus mit ihren bis zu 2,69 m Flügelspannweite und ihren langsamen Schwungbewegungen. Einer saß tatsächlich „gemütlich“ auf den Steinen, die wirklich auch die Form eines Geiers haben. Er ließ Molle zum Fotografieren ganz nah heran, bis es ihm dann doch ungeheuer wurde und er sich aufschwang.

 

Ein VW-Bus mit einem eidgenössischen Paar hielt an, als wir gerade wieder fahren wollten. Sie wussten nicht, wo sie waren. Sie hatten eigentlich an der Küste langfahren wollen und in ihrem Autoatlas ist die Straße, auf der wir alle gerade standen, nicht mal verzeichnet. Ich erklärte es ihnen. Auf dem Rad ist man ja immer ein Meister der kleinen Straßen. Die tolle Passabfahrt brachte uns nach El Puente und dort beschlossen wir, heute wild zu campen. Wir fuhren hinaus an die Küste nach Oriñon – am Ende folgten wir einem Trampelpfad. Dann landeten wir in dem kleinen Örtchen, das fast menschenleer war, weil es im Grunde nur aus Ferienhäusern, und -wohnungen sowie Campingplätzen besteht.

Wildcampen ist in Spanien verboten und da sind wir im Grunde nicht ganz so mutig, das auszureizen. Dennoch stellten wir uns an diesem Abend auf einen Parkplatz zwischen dem geschlossenen Campingplatz und dem Strand von Oriñon. An die Außenmauer des Campingplatzes sozusagen. Zwei Campervans standen auch da (aus Deutschlan und aus Polen) und ich denke, was die dürfen, sollten wir auch dürfen. Es scheint zur Zeit keinen zu stören, wenn Van-Life-Camper aus aller Welt auf ihren Elternzeit-Reisen in irgendwelchen Buchten stehen. Auch mehrere Tage. Da sollte eine Nacht für ein paar erschöpfte Radler doch auch drin sein, oder? Mit Bad im Atlantik, kalter Stranddusche und Wasserstelle eigentlich ein perfekter, wilder Platz, der gar nicht so wild war.

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