23.05.2010 (m) Ruhetag in Pinquan
Bohrmaschinen und dumpfe Schläge von der Baustelle nebenan und das Telefon-Gebrüll im hallenden Gang beenden unsere Nachtruhe. Zugegebenermaßen ist 8.30 Uhr nicht wirklich früh für China (zumal es bereits um 4:30 Uhr taghell ist, wie ich nach Beendigung des Champions League Finals feststellen konnte). Deshalb trollen wir uns aus dem Bett und erfreuen uns an einem Tässchen Nescafé mit „French Bread“. Ja, das „French Bread“, diese kleine Backware, aufgebläht durch Backtriebmittel, weich wie ungetoastetes Brot, obendrauf oft feucht, durch die Lagerung in der Plastikfolie. Schmeckt eigentlich nicht wirklich gut, aber mangels Alternativen ist es oft erste Wahl auf Radetappen oder zum Kaffee. Ein bisschen was Süßes braucht man eben. Wir haben uns oft gefragt, warum diese Pampe in jedem noch so kleinen Lädchen zu haben ist. Was war zuerst? Die Käufer die danach verlangten (wohl kaum) oder der Hersteller, der damit eine Art Monopl aufgebaut hat und den Menschen, die etwas naschen wollen, die Ware mangels Wahlmöglichkeit aufdrängt. Jedenfalls gibt es das „French Bread“ in allen Packungsgrößen, ja sogar als aufwendig verpackte Geschenkbox. Nur, wer freut sich über so ein Mitbringsel? Ein weiteres ungelöstes Rätsel aus dem Reich der Mitte. Heute ist ein sehr heißer Tag, laut Vorhersagen soll die Quecksilbersäule über 30 Grad steigen und da wir wegen des nächtlichen TV-Sportereignisses einen frühen Start ausgeschlossen haben, tun wir uns bei dieser brüllenden Hitze keine 95 Kilometer und zwei Pässe an. Der Ort ist ausreichend schön und kulinarisch interessant genug, als dass man nicht einen Tag dort verbringen könnte. Erstmal schlappen wir aber in Richtung eines neu erbauten Tempels, der sich bei näherer Betrachtung als – allerdings geschlossenes – Museum herausstellt. Umgeben ist das Gebäude von einer sehr ansehnlichen Parkanlage mit Teich, Pagode und schattigen Sitzplätzen. Einige der Bewohner tummeln sich denn auch im Grün, das derzeit ob der Neuigkeit der Pflanzungen noch eher braun ist. Wenn hier aber mal alles zugewachsen ist, haben die Einwohner von Pinquan einen schönen Rückzugsort. Und das trifft man in China bislang gar nicht mal allzu häufig an. Vier Jugendlichen bitten zur Handy-Foto-Session. Das dauert, da immer alle Kombinationen ausgeschöpft werden müssen – ein Traum für den Statistiker und Kombinatoriker: Wie viele Fotokombinationen gibt es, wenn immer mindestens einer von uns und jeweils ein, zwei oder drei der Jugendlichen auf dem Foto sein müssen? Gegen Mittag verlassen wir die Anlage und schlendern in Richtung der Fress-Gasse, wo sich in naher Umgebung der Universität ein Restaurant ans nächste reiht. Auf dem Weg dorthin fällt auch wie schon gestern Abend auf, dass die Stadt äußerst sauber ist. Die Straßen sind gefegt und man findet viele Mülleimer, die nicht überquellen, sondern den Müll tatsächlich aufnehmen. Auch die Shopping-Meile mit den vielen kleinen Boutiquen ist sauber und aufgeräumt. Ein quirliges Städtchen mit einer hohen Studentenrate und Bewohnern, die so aussehen, als fühlten sie sich wirklich wohl hier. Aus den vielen Essens-Anbietern wählen wir das muslimische Nudel-Budel aus und schwelgen bei großen Tellern hausgemachter Nudeln in Erinnerungen an die Seidenstraße. Die Hitze flirrt nun schon auf den Straßen, Zeit für eine Rückkehr in die Kühle des Hotelzimmers. Hier waschen wir ein bisschen Wäsche, man muss es schließlich ausnutzen, wenn die Sonne aufs Fenster knallt und den Sachen schnell die Feuchtigkeit entzieht. Das geräumige Zimmer lädt zudem zu einer Neuordnung des Gepäcks (und ein bisschen Ausmisten) ein.