02.10.2009 (k) – Mateng – Xiahe: 40km, 400Hm
Heute rechnen wir ganz klar mit dem Anblick anderer Westnasen. Seit Urumqi haben wir lediglich in Xining einen Belgier auf der Straße getroffen und eine Familie aus Venezuela in der Hotellobby. Das war auch gut so. Nicht, dass wir den Anspruch hätten, die einzigen Westnasen zu sein, die hier herumreisen, aber es fühlt sich trotzdem anders an, wenn man so mittendrin ist, unter den Einheimischen – wenn auch nicht dabei. Nur mittendrin – und doch außenstehend. Sprachlich und kulturell bedingt. Und zudem noch aufgrund der Tatsache, dass die Chinesen sehr zurückhaltend, manchmal beinahe schüchtern sind, und einen nach kurzem Gucken und Fragen auch schnell wieder sich selbst überlassen.
Stahlblau ist der Himmel über uns, als wir das Fabrikdorf verlassen, daran können auch die Schlote noch nichts ändern. Die 10km auf der Hauptstraße bis zur Abzweigung nach Xiahe sind schnell gefahren – heute herrscht noch wenig Verkehr und es fährt sich wesentlich angenehmer als gestern Abend. Nach dem Polizeicheckpoint sind es noch 34km bis Xiahe. Leicht bergan ein schönes Flusstal hinauf.
Um 13.30 Uhr erreichen wir bereits unser Tagesziel – zeitgleich mit den ersten Regentropfen des aufgezogenen Gewitters. Die Zimmersuche gestaltet sich weniger einfach – die ersten 5 Hotels, die ich besichtigen will, sind voll. Voller Westnasen!?! Nein, nicht nur, seit gestern sind ja chinesische Staatsferien – da sind alle unterwegs. Nach gut einer Stunde haben wir letztlich eine Suite bezogen – zum teuersten Preis in China bisher – und mit 32 Euro doch genauso billig wie der Campingplatz am Fuße des Mendelpasses.
Xiahe (Labrang) ist ein Touristenmagnet wegen des Klosters Labrang. Der Ort ist einer der wichtigsten tibetischen Klosterstädte außerhalb Tibets. Die Gelbmützensekte hat hier eines ihrer Zentren.
Wir machen uns auf, um das Kloster zu sehen und laufen (wichtig: im Uhrzeigersinn) an der Südseite entlang, neben den Gebetsmühlengängen. Pilger aus Tibet, in ihren traditionellen Trachten und andere Gläubige laufen ein paar Meter weiter rechts, drehen an jeder Mühle und schicken damit Gebete wohin auch immer. Manche der Mühlen scheinen zu singen, andere heulen wie Wölfe, ob das nun die Magie der Mühle ist oder mangelnde Schmiere sei dahingestellt. Fast ebenso faszinierend wie der Anblick tibetischer Pilger sind die Heerscharen chinesischer Touristen, die für ihren Spaziergang um das Kloster perfekt in Outdoorklamotten (bevorzugt Zipp-Hosen und Goretexjacken, Wammerl und Flaschenhalter) gekleidet sind und die größten Stative und teuersten digitalen Spiegelreflexkameras schwenken.
Gerade als wir uns auf den Rückweg machen wollen, erblicken wir zwei Räder mit Packtaschen bepackt und zwei fröhlichen Chinesen darauf. Nach einer kurzen Konversation haben sie verstanden, dass ich nicht ein Foto von ihnen machen will, sondern ihnen sagen möchte, dass wir auch mit dem Fahrrad unterwegs sind.
Für morgen wollen sie allerdings die Hauptstraße zurückfahren und dann auch weiter nach Süden, wenn möglich bis Luqu, während wir ja eine kleine Nebenstraße durch das Grasland probieren wollen, die den Weg um gut 40km abkürzt, der dann noch immer bei 100km liegt. Na gut, mal sehen, wer morgen Luqu (zuerst) erreicht!
Der Ort Xiahe selbst hat nicht sonderlich mehr zu bieten, als jeder andere chinesische Ort, außer eben Westnasen. Als wir zum Abendessen auch noch im Nomads Café einlaufen bekommen wir noch die Volldosis zu sehen, und das sollte wieder genügen für einige Zeit.