01.05.2010 (m) Imabari Onsen – Beppu: Rad 25 km, Zug und Fähre 150km
Glücklicherweise haben weder Wildschweine noch Affen unsere Nachruhe gestört. Im Gegenteil war es sogar herrlich ruhig nachdem der Onsen um 20:30 Uhr geschlossen hat. Ein wenig hörte man noch das Scheuern und Schrubben des Reinigungspersonals, dann übernahm das Rauschen des Baches die Hoheit über die Geräuschkulisse. Ein paar Affen kreischten aus dem Wald, sie scheinen sich jedoch schnell geeinigt zu haben.
Gereizt durch das Sonnenlicht taucht die gelbe Farbe unseres Überzeltes das Atmosphäre im Zeltinneren in eine angenehme Aufwachstimmung. Der angrenzende Oasen offnet erst um 10:30 Uhr. Gemutlich packen wir zusammen und erfreuen uns an den wärmenden Strahlen. Der Wind ist glücklicherweise auch nicht mehr ganz so stark. Einige hundert Meter rollen wir zurück zur Hauptstraße, folgen dieser ein wenig bergab und biegen dann auf die Nebenstraße 17 ein, die uns herrlich ruhig und in angenehmer Steigung zum kleinen Pass führt. Wir durchqueren kleine Dörfer, die scheinbar zum Teil auf Hundezucht machen – stehen doch urplötzlich in einem Hof am Straßenrand an die zehn Hunde, ordentlich angeleint und bis auf ein aufmüpfiges Exemplar sogar die Schnauze haltend! Das sind doch mal anständige Tiere. Wir passieren noch zwei der 88 Tempel Shikokus, die im Grunde aussehen wie alle Tempel in Japan: Ein hölzernes oder steinernes Tor empfängt den Gast, führt in einen Gang, der von Steinsäulen mit japanischen Inschriften begrenzt ist. Die Gasse endet vor dem Tempel, der über ein paar Stufen erreicht wird. Das Hauptgebäude ist in der Regel aus Holz, im Inneren mit Tatami ausgelegt und größtenteils schmucklos. Hin und wieder gibt es einige Nebentempel. Die Gebäude sind eigentlich immer in tadellosem Zustand, bestens renoviert oder vor Kurzem erst neu erbaut. Trotz dieser „Spießigkeit“, die etwas die Geschichte und Tradition vermissen lässt, strahlen diese Orte eine besondere Anziehungskraft aus. Oft stehen sie in einem kleinen Waldstück mit uralten Bäumen, alles ist vermoost, sattes Grün strahlt in der Sonne. Es hat etwas Mythisches, leicht Verwunschenes.
Die Abfahrt zur Küste wird etwas mühsamer als geplant, hat der Wind doch wieder mächtig aufgefrischt und drückt uns fast den Hang wieder nach oben. Wir treten kräftig bergab und freuen uns, als wir in der Ferne ein großes rotes K leuchten sehen. Ein K-Mart heißst uns willkommen und versorgt uns wie immer bestens – diesmal mit Sushi, Suppe, Kaffee, Fruchtsaft und süßen Teilchen. Etwas windgeschützt sitzen wir in der Sonne und saugen die Wärme in uns auf.
Ein paar Straßen weiter findet sich der örtliche Bahnhof von Hojo. Eigentlich wähnten wir uns vor Kurzem auf der letzten japanischen Bahnfahrt dieser Reise, doch haben wir gestern im Onsen von zwei netten Mitarbeiterinnen erfahren, dass die von uns bevorzugte Fähre nach Beppu von Matsuyama aus nicht mehr verkehrt. Ein Ort gute 100 Kilometer weiter südlich böte aber mehrmals täglich Verbindungen an. Da wir nicht so viel Lust auf verkehrsreiche Küstenabschnitte verspürten, entschieden wir uns trotz wolkenlosem Himmel dafür, die Reise dorthin mit dem Zug anzutreten. Wir treffen auf eine süße, kleine Linie, die aus einem großen Triebwagen besteht. Dennoch hat niemand auch nur ansatzweise etwas dagegen, dass wir unsere Gepäck- und Radtaschen hineinwuchten. Wir ruckeln durch zahllose Tunnel in Richtung Ziel. Die grüne Landschaft, die Hügel und ab und an auch das Meer ziehen als Kulisse an den leicht verstaubten Fenstern an uns vorbei. Zweimal müssen wir den Zug wechseln, dann bauen wir unsere Räder am Bahnsteig von Yawatahama auf, was uns umgehend Ärger einbringt, ist es doch (=/)&/=&/&?) nochmal nicht erlaubt, ein richtiges. großes Fahrrad auf dem Bahnhofsgelände zu bewegen! Ja lernen die denn das nie? Wir zupfen uns zur Fähre, die aber erst in gut zwei Stunden nach Kyushu mit dem Ziel Beppu ablegt. Diese Wartezeit nutzen wir geschickt zur Beschaffung unseres Abendessens. Schnell sind unsere Taschen mit Bentoboxen, Bier und Nachtischtöpfchen gefüllt. Zurück am Hafen befreien wir unsere Böcke vom Schmutz der vergangenen Wochen. Dann ist es auch schon soweit. Die zwei Steppis tauchen ihre Köpfe brav in die dunklen Säcke und lassen sich zur Gangway schleppen. Wir sind ihnen nicht böse, tragen sie uns doch auch oft und weit! Wir stapeln unsere Habseligkeiten in die Ecke der zweiten Klasse auf den Tatamiboden, bauen unsere Campingsitze mit Blick aufs Meer auf und lassen uns über die Inlandsee. vorbei an ihren Inseln schippern. Die Sonne senkt sich immer tiefer, als wir uns den Reis und die kalten Fleischstücke in würziger Sauce munden lassen. Bald nimmt die der runde Ball die Farbe unseres Rotweins an, wir lauschen ein paar nachdenklichen Liedern von Gisbert zu Knyphausen und freuen uns wieder einmal, im Hier und Jetzt zu sein.